Nach fünf Wochen Pause hat Bundesliga-Aufsteiger VfB Stuttgart das Training wieder aufgenommen. Eindrücke von der ersten Einheit im Schlienz-Stadion.

Stuttgart - In normalen Zeiten verfolgen Tausende von Fans den Start in die Saisonvorbereitung des VfB Stuttgart. Wegen Corona waren beim ersten Geister-Training der Saison nur Journalisten zugelassen. Eindrücke vom Auftakt im Schlienz-Stadion.

 

Die erste Einheit

Was für Außenstehende als Selbstverständlichkeit erscheinen mag, rang Pellegrino Matarazzo ein Sonderlob ab. „Ich habe schon beim Warmmachen eine große Energie und Vorfreude gespürt“, sagte der Trainer des VfB zufrieden. Auch nach den 90 Minuten auf dem Platz machte der 42-Jährige einen aufgeräumten Eindruck. Spieler und Trainerteam fanden nach fünf Wochen Pause schnell zueinander. Kein lockerer Aufgalopp, sondern eine erste, ernst zunehmende Einheit mit zahlreichen Spielformen war es, die der insgesamt 29 Spieler umfassende Trainingskader in den neuen Trikots absolvierte. Auch die zuletzt verletzten Daniel Didavi und Borna Sosa mischten voll mit. Einzig Marc Oliver Kempf, der nach einer Schulteroperation bis Oktober ausfallen und über dessen Kapitänsamt noch entschieden wird, sowie Maxime Awoudja (Achillessehnenriss) und Atakan Karazor (krank) fehlten. „Wir wissen, dass die Saison kein Spaziergang wird. Wir werden jeden Tag hart arbeiten müssen,“ sagte Matarazzo. Der Anfang ist gemacht.

Die neuen Gesichter

Anders als in den Vorjahren war die Schar der Neuen überschaubar. Was zum Einen mit der Corona-Krise und der einhergehenden Flaute auf dem Transfermarkt zusammenhängt, zum anderen mit dem Vertrauen, das Sportdirektor Sven Mislintat in den Aufstiegskader setzt. So tauchten lediglich der für vier Millionen Euro von Hannover 96 verpflichtete Waldemar Anton sowie Konstantinos Mavropanos (von Arsenal London ausgeliehen) erstmals auf dem Trainingsplatz in Bad Cannstatt auf. Für Pascal Stenzel (fest vom SC Freiburg verpflichtet) und die frühere Hoffenheim-Leihgabe Gregor Kobel war das Schlienz-Stadion vertrautes Terrain. Erik Thommy und Ailton kehrten an ihre alte Wirkungsstätte zurück. Während die Zukunft des Ex-Düsseldorfers wohl beim VfB liegt (er bekommt die Nummer elf), wird der aus Aserbaidschan zurückgekehrte Brasilianer wohl nur für kurze Zeit Stuttgarter Luft schnuppern. Er kann sich einen neuen Verein suchen. Auch Luka Mack gilt als Kandidat für eine Ausleihe. Laut Mislintat könnte der mehr als 30 Mann starke Kader noch „etwas verschlankt“ werden.

Beim Trainerteam mussten sich die Beobachter dafür an viele neue Gesichter gewöhnen. Neben Co-Trainer Peter Perchtold unterstützen nun auch Michael Kammermeyer (Spielanalyse) und Oliver Bartlett (Athletikbereich) das Team um Matarazzo. Zudem der Psychologe Dino Poimann. „Es war immens wichtig, dass wir uns in diesem Bereich breiter aufstellen“, sagte Mislintat.

Problemfall Gonzalez?

Sehr offen hatte Nicolas Gonzalez seine Abschiedsgedanken formuliert. „Ich will Stuttgart verlassen,“ machte der Angreifer deutlich, dass er sich zu Höherem berufen fühlt. Beim Trainingsauftakt mischte der treffsicherste Spieler der vergangenen Saison aber munter mit, von Unlust keine Spur. Mislintat sieht die Personalie pragmatisch: „Letztlich entscheiden wir.“ Noch sei kein Angebot für den 22-Jährigen eingegangen. Eine Frist für Gonzalez gibt es nicht. „Wenn er am 6. Oktober noch bei uns ist, weiß ich, dass er alles für uns geben wird“, sagte Mislintat. Der Sportchef brachte sogar Verständnis für dessen Abwanderungspläne auf. Schließlich müsse es das Ziel eines jeden Sportlers sein, das Bestmögliche in seiner Karriere zu erreichen. Dass Mislintat auf der anderen Seite auch wirtschaftlich denkt und Gonzalez bei einer entsprechenden Ablöse ziehen lassen würde, daraus machte er keinen Hehl. „Alles andere wäre gelogen.“ Außer einem möglichen Wechselspiel im Angriff sieht der Sportdirektor den Aufsteiger gut gerüstet. Wenn es nach dem Sportchef ginge, könnte die Transferfrist bereits beendet sein.

Marschrichtung für die Bundesliga

Reinen Mauer-Fußball wird man unter Matarazzo in der Bundesliga vom VfB nicht sehen. „Wir wollen weiter spielbestimmend auftreten. Nicht mehr mit so viel Ballbesitz, dafür mit einer anderen Gewichtung auf Pressing. Entscheidend wird sein, wie wir nach der Balleroberung agieren werden“, umriss der Trainer seine Vorstellungen vom Auftreten im Fußball-Oberhaus. Zweifel an der Offensivtauglichkeit beschäftigen die Verantwortlichen weniger als die Sorgen vor einer löchrigen Defensive. Weshalb man sich mit Anton und Mavropanos auch gezielt verstärkt hat. Mislintats Saisonziel ist klar formuliert: „40 Punkte, Platz 15.“

Sehen Sie in unserer Bildergalerie, wie die erste Trainingseinheit gelaufen ist.