Der SPD-Kanzlerkandidat Steinbrück hat die Beamten gegen sich aufgebracht. Wie stichhaltig sind seine Argumente? Eine Analyse von Armin Käfer, Leiter des Berliner Korrespondentenbüros der StZ.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Gibt es eine „Unwucht“ zwischen Renten und Beamtenpensionen? Die Frage bereitet dem sozialdemokratischen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück Ungemach. Im TV-Duell am Sonntagabend hatte ihn die Moderatorin Anne Will auf die ungleiche Entwicklung der Altersbezüge von Arbeitnehmern und öffentlich Bediensteten angesprochen. Steinbrück antwortete, es dürfe da „keine Schere“ geben. Falls er Kanzler werden solte, wolle er die Anpassung der Pensionen an die Rententwicklung „fair koppeln“.

 

Angela Merkel reagierte prompt. Da müssten Polizisten, Soldaten und Lehrer genau hinhören, sagte sie. Deren Pensionen seien keineswegs üppig. Die meisten Beamten hätten kleine Gehälter, zudem müssten sie ihre Pension voll versteuern – was für die Rente nicht gelte. Am Montag erteilte auch der Deutsche Beamtenbund Steinbrück einen Rüffel. Was der SPD-Kandidat vorschlage, sei „mit der jetzigen Rechtslage nicht in Einklang zu bringen“.

Pensionen sind im Schnitt mehr als doppelt so hoch als die Rente

Wie sind die Fakten? Beamte erwerben mit jedem Jahr Dienstzeit einen Pensionsanspruch von knapp 1,8 Prozent ihrer Bezüge. Nach 40 Jahren beträgt die Pension 71,75 Prozent des letzten Gehalts. Arbeitnehmer in der privaten Wirtschaft müssen im Ruhestand mit deutlich weniger Geld auskommen. Das Rentenniveau lag 2011 bei 50,1 Prozent des letzten Bruttoeinkommens. Langfristig wird es auf etwa 40 Prozent sinken. Die Hälfte der Rentner hat darüber hinaus Einkünfte aus Betriebsrenten oder privater Vorsorge. Nach dem Alterssicherungsbericht der Bundesregierung können sie damit ihre Rente im Schnitt aber nur um acht bzw. neun Prozent aufbessern.

Die so genannte Eckrente eines Durchschnittsverdieners mit 45 Versicherungsjahren lag 2012 im Westen bei monatlich 1134 Euro, im Osten bei 1007 Euro. Seit dem Jahr 2000 stieg der Betrag im Westen um 9,8, im Osten um 12,4 Prozent.

Die Kanzlerin irrt: Auch Rentner zahlen Steuer

Pensionierte Bundesbeamte erhalten im Durchschnitt ein Ruhegehalt von 2750 Euro. Bei den Landesbeamten sind es aktuell 2940 Euro, bei Kommunalbeamten 2840 Euro. Ehemalige Bahn- und Postbeamte liegen mit ihrer Pension unter 2000 Euro. Nach Medienberichten, beruhend auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes, sind die Pensionen der Bundesbeamten von 2002 bis 2012 um mehr als 13 Prozent gestiegen, die der Landes- und Kommunalbeamten sogar um knapp 15 Prozent.

Die Replik der Kanzlerin auf Steinbrücks Vorschläge war auch nicht völlig korrekt. Tatsächlich müssen Ruhestandsbeamte ihre Pensionen komplett versteuern. Aber auch Rentner zahlen Steuern, aktuell für etwa 50 Prozent ihrer Altersbezüge. Der Anteil wird aber wachsen. Ab 2040 müssen Renten voll versteuert werden.