Berichte über Ufos lassen in den USA immer wieder aufhorchen. Was weiß die US-Regierung darüber? Und was verschweigt sie der Öffentlichkeit? Der US-Kongress ist dem in einer Anhörung nachgegangen. Die Aussagen und Enthüllungen lassen Raum für die wildesten Spekulationen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Sind wir allein in den unendlichen Weiten des Weltraums? Der amerikanische Astronom Seth Shostak ist überzeugt: „Allein in unserer Galaxie könnte es rund 10 000 außerirdische Zivilisationen geben – von anderen Galaxien ganz zu schweigen.“

 

Seti und der Glaube an Aliens

Seit 2001 leitet der Astrophysiker – sein Spezialgebiet ist die Erforschung außerirdischer Intelligenz – das Seti-Projekt (Search for Extraterrestrial Intelligence/auf deutsch: Suche nach außerirdischer Intelligenz). Der Hauptsitz von Seti ist in Mountain View, eine Stadt im Santa Clara County (US-Bundesstaat Kalifornien).

„In einem Universum mit Billionen Galaxien wäre es ziemlich vermessen anzunehmen, dass nur die Erde allein intelligente Kreaturen hervorgebracht hat“, schreibt Shostak auf der Seti-Webseite.

Warum sind Ufos plötzlich sogar ein Thema im US-Kongress?

Projekte wie Seti waren bisher vor allem etwas für Science-Fiction-Fans. Doch was in den vergangenen Tagen im US-Kongress in Washington stattgefunden hat, dürfte Wasser auf die Mühlen vieler Ufo-Fans und Alien-Gläubigen in aller Welt sein. Zur Info: Ufo ist die Abkürzung für unidentifiziertes Flugobjekt (englisch: unidentified flying object), Alien ist das englische Wort für Außerirdischer.

Zwei frühere Militärpiloten der US-Navy, Ryan Graves und David Fravor, sowie der ehemalige hochrangige Mitarbeiter des US-Militärgeheimdienstes und Whistleblower (auf deutsch: Hinweisgeber) David Grusch haben in einer Anhörung vor einem Ausschuss des US-Repräsentantenhauses von Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte und deren Analysen durch US-Regierungsstellen berichtet.

Wer sind diese Ufo-Zeugen?

Die beiden ehemaligen F-18-Piloten Graves und Fravor berichteten von eigenen Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte. Viele Vorfälle würden nicht gemeldet, weil Piloten etwa Angst um ihren Job hätten, bemängelten sie in der Anhörung. Graves leitet heute selbst eine Organisation für die Meldung von Ufo-Sichtungen durch zivile und militärische Piloten.

David Grusch hatte US-Medien zufolge 14 Jahre lang als Geheimdienstoffizier unter anderem bei der US-Luftwaffe gearbeitet und gehörte von 2019 bis 2021 zu einer Arbeitsgruppe für nicht identifizierte ungewöhnliche Phänomene. Nach eigenen Angaben war er für die Analyse von Ufo-Sichtungen oder andere „unidentifizierte anomale Phänomene“ (unidentified aerial phenomena/UAP) durch US-Piloten zuständig.

Was hat Whistleblower Grusch enthüllt?

Grusch hat im Kongress unter Eid ausgesagt: Er habe mit Regierungsbeamten gesprochen, die aus erster Hand Erkenntnisse über Flugobjekte hätten. Daraus seien „nicht-menschliche“ Überreste geborgen worden. Grusch bezeichnete solche Objekte als Problem für die nationale Sicherheit der USA. Da die meisten seiner Informationen vertraulich seien, könne er in einer öffentlichen Sitzung nicht darüber sprechen, erklärte der Whistleblower.

Wie reagieren US-Politiker?

Kongressabgeordnete sprachen sich daraufhin für mehr Transparenz der Bundesregierung in Washington bei dem Thema aus. „Ich denke, wir werden uns anschauen, was wir machen können, um mehr dieser Informationen öffentlich zu machen“, resümierte der republikanische Abgeordnete Glenn Grothman zum Abschluss der Anhörung.

Der Republikaner Tim Burchett aus Tennessee ergänzte: „Wir werden die Vertuschung aufdecken, und ich hoffe, dass dies nur der Anfang von vielen weiteren Anhörungen ist und dass sich noch viel mehr Menschen zu diesem Thema äußern.“

Solche Sichtungen würden ernst genommen und untersucht, betonte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. „Wir haben nicht die Antworten dafür, was diese Phänomene sind.“

So stellte man sich in den 1950er/60er Jahren den Kontakt mit Außerirdischen vor:

„Vater sieht ein Ufo“: Zeichnung von Ray Stanford auf der Titelseite der Zeitschrift „Fate“ vom 6. November 1954. Foto: Imago/Gemini Colle/ction
Cover der französischen Zeitschrift „Savoir“ von November 1954 über Ufo-Hysterie. Foto: Imago/Gemini /Collection
So stellte sich ein französischer Zeichner 1965 den Angriff von Aliens vor. Foto: Imago/Gemini / Collection
Zeitgenössische Plakate aus Roswell (US-Bundesstaat New Mexico), wo am 7. Juli 1947 angeblich ein Ufo mit einem Alien an Bord abstürzte. Foto: Imago/Zuma /Wire

Was sagen Experten zu den „Enthüllungen“?

Sean Kirkpatrick, Leiter des Pentagon-Büros All-domain Anomaly Resolution Office (AARO), das für die Untersuchung von angeblichen Ufo-Vorfällen zuständig ist, kritisiert einen Großteil der Aussagen Gruschs. Ein geheimes Bergungsprogramm für Ufos? Das habe nie existiert, widerspricht Kirkpatrick. Grusch habe den Glauben an außerirdisches Leben geweckt und weltweit für Schlagzeilen gesorgt. „Um es klar zu sagen: AARO hat noch keine glaubwürdigen Beweise gefunden, die die Behauptungen eines Reverse-Engineering-Programms für nicht menschliche Technologie stützen“, betont Kirkpatrick.

Seit wann suchen die USA nach Ufos?

Fakt ist: Seit Ende der 1940er Jahre gibt es in den USA staatliche Forschungsprojekte zu Ufos – wie Project Sign (1947), Project Grudge (1949) und Project Blue Book (1952–1969).

Von 2008 bis 2021 unterhielt das Pentagon zwei weitere Projekte: ein Programm zur Identifizierung fortgeschrittener Luft- und Raumfahrtbedrohungen namens AATIP sowie UAPTF -  eine Taskforce für unidentifizierte Luftphänomene. Diese sollten die Erfassung und Berichterstattung von Sichtungen ungeklärter Luftfahrzeuge „standardisieren".

Im Dezember 2017 bestätigte das amerikansiche Verteidigungsministerium die Existenz eines Programms zur Erfassung von Daten über militärische Ufo-Sichtungen. Demnach ist UAPTF – die Abkürzung steht für Unidentified Aerial Phenomena Task Force – ein streng geheimes Projekt des United States Office of Naval Intelligence, mit dem die Erfassung und Berichterstattung von Sichtungen ungeklärter Luftfahrzeuge „standardisiert“ werden soll.

Wie viele Ufo-Sichtungen sind bekannt?

Nach Angaben des National Ufo Reporting Center (Nuforc) in Davenport (US-Bundesstaat Washington) wurden allein 2020 insgesamt 7267 Ufo-Sichtungen über den USA gemeldet. Ein Jahr zuvor waren es 1000 weniger, im Jahr 1990 sogar nur 319. Die meisten Meldungen stammten von Privatpersonen.

Welche Ufo-Infos haben die USA bisher offengelegt?

Im Januar 2023 hatte es erstmals seit Jahrzehnten wieder eine Ufo-Anhörung im Kongress gegeben. Grund war, dass das Pentagon in den vergangenen Jahren geheime Berichte veröffentlicht hatte, denen zufolge es für Dutzende Himmelserscheinungen aus den vorigen zwei Jahrzehnten bislang keine Erklärungen gebe. Allerdings existierten auch keine Hinweise auf geheime Technik anderer Länder oder auf außerirdisches Leben, hieß es.

Im Juni 2023 hatte schließlich eine Expertengruppe der US-Raumfahrtbehörde Nasa ein öffentliches Treffen abgehalten und sich für mehr und bessere Daten zu Beobachtungen von ungewöhnlichen Phänomenen ausgesprochen. Viele Beobachtungen aus der Vergangenheit könnten nicht aufgeklärt werden, weil es zu wenige und zu schlechte Daten gebe, gab man zu Protokoll. Auch das Pentagon hatte eine unzureichende Datenlage bemängelt.