Bürger im Stadtteil Baiereck fühlen sich bei der Planung von Windkraftanlagen von der Politik nicht ernst genommen. Sie befürchten, dass der Bauantrag ohne fachgerechte Prüfung durchgewunken wird. Das wollen sie verhindern. Aber wie?

Region: Corinna Meinke (com)

Uhingen - Große Sorgen machen sich Alexandra und Martin Fuss um das idyllische Nassachtal, wenn sie von ihrem Haus in Uhingen-Baiereck gen Süden blicken. Auf der gegenüberliegenden Talseite plant die Firma Uhl den Bau von zwei Windrädern in einem Landschaftsschutzgebiet im Schurwald, das auf Ebersbacher Markung liegt. Familie Fuss befürchtet wie viele andere Talbewohner den Schattenwurf und den Lärm der Anlage.

 

Noch hat das Göppinger Landratsamt die Windräder nicht genehmigt, doch das Ja ist wahrscheinlich, seit das Umweltschutzamt erklärt hat, eine Zustimmung könne vermutlich erteilt werden. Zwar lehnen viele Kreistagsmitglieder sowie die Gemeinderäte aus Uhingen und Ebersbach die Windräder genauso ab wie der Göppinger Arbeitskreis des Landesnaturschutzverbands. Allerdings können die Rotoren auch ohne das Einvernehmen der Kommunen und der Kreisräte gebaut werden. Herrin des Genehmigungsverfahrens ist allein die Kreisverwaltung.

Bürger: Debatte muss fachlich geführt werden

„Wir fühlen uns als Bürger nicht ernst genommen und befürchten, dass der Antrag ohne fachgerechte Prüfung durchgewunken wird“, erklärt Alexandra Fuss. Dabei lege sie genauso wie ihr Mann großen Wert auf eine fachlich geführte Debatte, die sich an Fakten orientiere. Seit die Baupläne vor zweieinhalb Jahren bekannt wurden, engagiert sich das Paar in der Bürgerinitiative Pro Schurwald, die auch andere potenzielle Windkraftstandorte auf dem Höhenzug verhindern will.

Die Bürger sorgen sich um das Landschaftsbild und um den Erholungswert für Einheimische ebenso wie für Ausflügler, aber auch um den Lebensraum von Fledermäusen und Rotmilanen. Argumente, die bereits die Landratsämter in Esslingen und in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) dazu bewogen haben, mehrere Standorte auf dem Schurwald zu streichen.

„Da fliegen ja gerade zwei Milane“, sagt Alexandra Fuss und deutet auf den gegenüberliegenden Hang. „Erst dachten wir ja, der Rotmilan sei ein Ausschlusskriterium oder eben der zu erwartende Lärm“, sagt die Pädagogin und zählt die Einwände auf, die bei einer Unterschriftensammlung von 1500 Bürgern unterstützt wurden, die Genehmigungsbehörde aber offenbar unbeeindruckt ließen. „Ich dachte, wir leben in einem Rechtsstaat, aber was kann ich jetzt noch machen?“, fragt sich die Baiereckerin.

Bürger befürchten Lärm durch die Windräder

Vor fünf Jahren seien sie vor allem wegen der Ruhe und der Naturnähe ins idyllische Nassachtal gezogen. Nun jedoch dürfte der Uhinger Teilort von dem zu erwartenden Lärm betroffen sein. Martin Fuss zitiert dazu den Tüv Süd, der Überschreitungen der nächtlichen Immissionsrichtwerte in Baiereck bereits vorhersagt. Und er fragt sich, ob es nicht zielführender sei, wenn entgegen der geltenden Rechtslage, so ein Gutachten statt von einem Investor besser von der Genehmigungsbehörde beauftragt würde. „Zudem verstehe ich nicht, warum es der Investor in zweieinhalb Jahren nicht geschafft hat, ein sogenanntes TR6-Gutachten vorzulegen, das Aufschluss über das Windaufkommen in dem Gebiet gibt“, sagt der Elektroingenieur.

Ein Dorn im Auge ist ihm auch der geringe Abstand der Windräder von lediglich 800 Metern zu den ersten Häusern im Ort. Das mache sich beim Schall besonders bemerkbar, zumal der Investor Uhl statt zunächst drei kleinerer Anlagen nun zwei rund 240 Meter hohe Windräder bauen möchte. Unzeitgemäß sei die Abstandsregelung, denn die 800-Meter-Regel stamme noch aus Zeiten, in denen die Windkraftanlagen viel kleiner waren. Er plädiere für den „bayerischen Weg“, wo sich der Abstand aus der zehnfachen Höhe der Windräder ergebe. Sorgen bereiten Martin Fuss auch die zu erwartenden Schallreflexionen im Tal sowie die impulsartigen Geräusche, wenn das Rotorblatt den Mast passiert.

In Lichtenwalde gibt es auch Ärger wegen Windrädern

Martin Fuss kritisiert, der Tüv habe zu geringe Unsicherheitszuschläge berechnet, denn die Schallemissionen der geplanten Anlagen seien noch nicht einmal vermessen, gerade da es sich um einen neuen Typus von Windrädern handle. Einen zweiten Fall Kuchen dürfe es jedenfalls nicht geben, darin ist sich das Ehepaar einig – und teilt damit die Ansicht aller Mitglieder des Göppinger Kreistagsausschusses für Umwelt und Verkehr.

Zur Erinnerung: Auf dem Tegelberg produzieren seit einiger Zeit mehrere Windräder Strom. Auf Donzdorfer Gemarkung, aber in Hörweite zu Kuchen, wo es seit der Inbetriebnahme der Anlagen immer wieder Proteste wegen der Lärmzunahme gibt. Und auch im Schurwald verursachen Windkraftanlagen bereits einigen Ärger. Das Gebiet WN-34 Goldboden treibt Lichtenwald im Kreis Esslingen um.