Auf der Deponie „Eichholz“ in Winnenden soll ein völlig neues Entsorgungszentrum nebst einem Kaufhaus für gebrauchte Gegenstände entstehen. Zudem will der Kreis dort erneuerbare Energie erzeugen.

Rems-Murr : Frank Rodenhausen (fro)

Die Zeiten, in denen Müll auf der Deponie Eichholz in Winnenden abgelagert wurde, sind schon seit einigen Jahren vorbei. Jetzt soll gewissermaßen ein Deckel auf das Kapitel gesetzt werden. Die Oberfläche des rund 20 Hektar großen Geländes wird in den kommenden Jahren in einem mehrschichtigen Verfahren aufwendig abgedichtet und rekultiviert.

 

Neues Entsorgungszentrum soll Maßstäbe setzen

Zauneidechsen sind bereits eingesammelt, Lurche, die in der früheren Reifenreinigungsanlage sesshaft geworden waren, umgeleitet worden. Am Westhang der Deponie sind für sie zumindest temporäre Habitate geschaffen worden. Die nun anstehende, groß angelegte Rückbaumaßnahme will die Abfallwirtschaftsgesellschaft des Landkreises (AWRM) zum Anlass nehmen, das Areal neu zu ordnen und verschiedene Projekte der Nachnutzung umzusetzen.

Kernstück ist ein neues Entsorgungszentrum, das im südwestlichen Bereich der Deponie entstehen soll. Der Standort dort und ein neu gestalteter Kassenbereich sollen die in Stoßzeiten bisweilen auftretenden Rückstaus auf die Winnender Südumgehungsstraße auflösen. Die Lage könnte zudem einen unterbrechungsfreien Betrieb der Entsorgungseinrichtung ermöglichen, weil die Neuanlage gebaut werden würde, während die alte noch in Betrieb ist.

In Sachen Optik, Ablauf und Komfort will der Kreis mit dem Projekt Maßstäbe setzen. Hintergrund ist dabei nicht nur der Dienstleistungsgedanke: „Wir wollen auch aus Umweltaspekten so viele Wertstoffe einsammeln wie möglich“, sagt der Landrat Richard Sigel, „und das geht nur, wenn wir die Abgabe bequem, komfortabel und gut erreichbar machen.“

Zwei parallele Rundkurse

Zwei voneinander getrennte, parallel verlaufende „Rundkurse“ sind geplant. In den einen kann ohne Kontrolle einfahren, wer gebührenfreie Dinge abzugeben hat. Vor dem anderen regelt eine Schranke den Zugang, digitale Abrechnungssysteme sollen ihn vereinfachen und beschleunigen. Vorgesehen ist, den kompletten Annahmebereich zu überdachen.

Noch vor dem Eingang ist ein Kaufhaus für gebrauchte Gegenstände geplant. Mit diesem solle nicht nur die Gelegenheit geschaffen werden, noch funktionsfähige Produkte abzugeben und diese zum Kauf anzubieten, seine Positionierung im Einfahrtsbereich solle auch ganz bewusst die Bedeutung der Weiterverwendung in den Mittelpunkt stellen, so der Landrat. Wer der Betreiber sein wird, stehe noch nicht fest, es gibt aber wohl bereits Interessenten.

Bis Ende des Jahres 2026 soll das neue Entsorgungszentrum, dessen Kosten aktuell mit rund 16 Millionen Euro kalkuliert werden, stehen. Voraussetzung ist, dass im kommenden Jahr mit der Deponieabdichtung begonnen werden kann.

Freiflächen-Photovoltaik und Wasserstoff?

Mit zum Konzept der Deponieneuordnung gehört ein größerer Beitrag zur Erzeugung erneuerbarer Energien. Bereits jetzt wird das nach wie vor im Untergrund entstehende Deponie-Gas thermisch genutzt. Während die Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Entsorgungszentrums mit einer Leistung von 800 Kilowatt-Peak und Kosten in Höhe von gut 1,2 Millionen Euro bereits fest eingeplant sind, muss über ebenfalls angedachte Solarzellen auf rund vier Hektar Deponiefläche noch verhandelt werden. Zum einen geht es darum, ob die Freiflächen aus naturschutzrechtlichen Gründen überhaupt genutzt werden dürfen, zum anderen muss die Verwertung des zu erwartenden Ertrags von drei bis vier Megawatt-Peak noch geprüft werden. Eine Option könnte laut dem technischen Geschäftsführer der AWRM, Lutz Bühle, die Erzeugung von Wasserstoff sein. Über die Möglichkeiten sei man aktuell in Gesprächen, unter anderem mit den Stadtwerken Winnenden.

Auch eine energetische Nutzung des angelieferten Grünguts könnte ein Thema sein. Bisher wird die auf den Deponien gesammelte Biomasse – kreisweit rund 30 000 Tonnen – an einen externen Verwerter verkauft. Vorstellbar wäre laut Bühle auch, daraus selbst Brennstoffe herzustellen und die Abwärme in die Nahwärmenetze einzuspeisen. Auch die Winnender Rems-Murr-Klinik könnte von der selbst hergestellten Energie profitieren. „Da gibt es eine ganze Reihe interessanter Optionen“, sagt Bühle.

Beitrag zu Klimazielen

Noch sei einiges Zukunftsmusik, räumt der Landrat ein, aber man werde alles daran setzen, den Prozess möglichst zügig voranzutreiben. Zum einen spielten da aktuell – Stichwort kommunale Wärmeplanung – einige Dinge in die eigenen Karten, zum anderen spiele die Abfallwirtschaft bei der Erreichung der lokalen Klimaziele eine entscheidende Rolle. Mit den jetzt angedachten Projekten sollen bis zum Jahr 2030 die Stromerzeugung um den Verbrauch von rund 1500 Haushalten und die Wärmeerzeugung entsprechend dem Verbrauch von etwa 1140 Haushalten gesteigert werden.