In Rio de Janeiro gehen die Verhandlungen in die Schlussphase, die Staats- und Regierungschefs streiten heftig über die Anschlusserklärung. Manche der ehrgeizigen Ziele sind schon über Bord geworfen worden.

Rio de Janiero - In Rio de Janeiro geht die Umwelt-Konferenz der Vereinten Nationen in ihre entscheidende Schlussphase. Eine vom Gastgeber Brasilien vorgelegte Erklärung, die die Staats- und Regierungschefs aus knapp 100 Ländern und die anderen etwa 90 Delegationen bis Freitag beschließen sollen, traf allerdings auf heftige Kritik. „Wir sind nicht glücklich mit dem Text“, verlautete aus der EU-Delegation. Dass wichtige Staats- und Regierungschefs wie Angela Merkel, Barack Obama, Wladimir Putin oder David Cameron gar nicht erst erscheinen, verstärkt die pessimistische Stimmung.

 

Über den Text, der ursprünglich 200 Seiten umfasste, wurde seit Monaten verhandelt, seit vergangener Woche nochmals in Rio. Das letztlich auf 49 Seiten eingedampfte Abschlussdokument soll eine Bilanz der umweltpolitischen Erfolge und Misserfolge seit 1992 ziehen und den Übergang zu einer sogenannten grünen Ökonomie beschreiben, die pfleglicher mit den natürlichen Ressourcen der Erde umginge, die Treibhausgas-Emissionen begrenzen würde und gleichzeitig Armut und Elend in der Welt verringern würde.

Gemäß der üblichen Konferenzdramaturgie kamen die Verhandlungen bis zum Wochenende äußerst schleppend vom Fleck. Gastgeber Brasilien beschleunigte dann das Verfahren in Nachtverhandlungen. Die Brasilianer wollten das Dokument bei Ankunft der Staats- und Regierungschefs fertig haben. Die EU lobte zwar die brasilianischen Anstrengungen, fügte aber die Kritik hinzu, man hätte in der Schlussphase „eine politische Übereinkunft mit der nötigen Substanz erreichen“ können, „um die Welt einer nachhaltigen Zukunft näher zu bringen“. Streit gab es über die zwanzig Jahre alte Formulierung von der „gemeinsamen, aber differenzierten Verantwortung“ für die Zukunft, eine Klausel, die die Industrieländer stärker, die Entwicklungsländer weniger stark in die – vor allem finanzielle – Pflicht nahm. Die Industrieländer sind heute in der Krise, mögen keine finanziellen Verpflichtungen eingehen und fordern vor allem die Schwellenländer wie Brasilien zu weitaus stärkerem Engagement auf.

Die Ziele sind verwässert

Ein zunächst 30 Milliarden Dollar schwerer Fonds, mit dem Nachhaltigkeitsprojekte hätten gefördert werden sollen, verschwand ebenso aus dem Text wie konkrete Details zu den Zielen nachhaltiger Entwicklung, die die Konferenz festlegen sollte. Das UN-Umweltprogramm Unep soll nun zwar finanziell auf eine solidere Basis gestellt und aufgewertet werden, aber offenbar nicht so weit wie von vielen Staaten gefordert. Dabei geht es darum, das UN-„Programm“ zu einer UN-„Agentur“, etwa wie die Welthandelsorganisation, hochzustufen, was in der Praxis auf größere Befugnisse hinausliefe. Überraschend hakte es auch beim Thema Ozeane, deren Verschmutzung eingedämmt werden soll.

Hilfs- und Umweltorganisationen kritisieren den Gang der Dinge. „Der Rio-Prozess steht auf Messers Schneide“, sagte der Hamburger Erzbischof Werner Thissen für das katholische Hilfswerk Misereor; von „großer Sorge“ sprach der Evangelische Entwicklungsdienst. „Die riesigen Erwartungen sind inzwischen auf ein Minimum gesunken“, kommentierte der Umwelt-Verband WWF. Greenpeace-Experte Martin Kaiser kritisierte, der Entwurf für die Abschlusserklärung gebe keine Antwort auf die Umweltkrisen der Welt.