Ungarn steht im Fokus der Betrachtung innerhalb der EU. Doch nicht die Kritik an der ungarischen Politik an sich, sondern die Art und Weise, wie Kritik geübt werde, sei das Problem, sagt der ungarische Botschafter József Czukor im StZ-Interview.

StuttgartUngarn steht im Fokus der Betrachtung innerhalb der EU. Doch nicht die Kritik an der ungarischen Politik an sich, sondern die Art und Weise, wie Kritik geübt werde, sei das Problem, sagt der ungarische Botschafter József Czukor.
Herr Botschafter, Sie haben bei Ihrem Besuch in Stuttgart mit Gerlingens Bürgermeister Georg Brenner gesprochen. Der hatte einen ungarischen Verdienstorden abgelehnt, weil er den Kurs der Regierung kritisiert und damit massive Verstimmung ausgelöst. Wie bewerten Sie Ihr Gespräch?
Es war ein Gespräch unter Freunden. Wir haben uns sehr freundschaftlich über manche Dinge unterhalten und Missverständnisse ausräumen können. Ich glaube, dieses Gespräch war mehr als notwendig.

Im Vorfeld ging es nicht freundschaftlich zu. Das Auftreten der ungarischen Seite auf dem traditionellen Gerlinger Bundesball geriet wurde zum Eklat.
Das ist bedauerlich, denn ich glaube, dass eine ungarische Auszeichnung, die dem Bürgermeister einer Stadt für eine 20jährige vorbildliche Städtepartnerschaft verliehen wird, darf nur als Auszeichnung für diese Aktivitäten betrachtet werden. Es geht um die beiden Städte Tata und Gerlingen.

Die Auszeichnung entspricht dem Bundesverdienstkreuz. Es kommt durchaus auch hierzulande vor, dass jemand die Ehrung ablehnt. Darüber würde sich aber niemand derart aufregen.
Die Erregung hat nicht in Ungarn stattgefunden, sondern hier. Es wäre besser gewesen, die Auszeichnung als das zu sehen, was mit ihr gedacht war: als Anerkennung, dass Gerlingen und Tata 20 Jahre hervorragend zusammengearbeitet haben.

Bürgermeister Brenner argumentiert aber, dass es eine Auszeichnung des ungarischen Staates ist und er sich im Rahmen der europäischen Familie schon herausnehmen darf, auch kritische Anmerkungen zu machen.
Das ist in Ordnung.

Er sagt, weil er die ungarische Politik kritisiert, kann er die Ehrung nicht annehmen.
Kritik unter Freunden ist gut. Aber man muss vorsichtig sein, wenn es um symbolische Gesten geht. Diese Gesten stehen über den aktuellen politischen Dingen. Wenn das jemand anders interpretiert, ist das meiner Meinung nach ein Fehler.

Aber es gibt ja nicht nur in diesem Fall große Empfindlichkeit, sondern dieser Tage auch zwischen Kanzlerin Merkel und Ungarns Ministerpräsident Orbán. Warum hält man Kritik so schlecht aus – zumal Frau Merkel Ungarn als besonders wohlgesinnt gilt.
Die Kanzlerin hat Ungarn nicht kritisiert, sondern in Schutz genommen.

Aber Orbán hat auf eine Bemerkung von ihr die Kanzlerin in die Nähe von Nazis gestellt.
Ich kenne den Vorgang genau, ich war anwesend und weiß, was gesagt wurde. Die Bundeskanzlerin und der deutsche Außenminister haben sinngemäß gesagt, sie kennen Ungarn und den Regierungschef und haben freundschaftliche Beziehungen zu Ungarn und diskutieren mit uns bestimmte Probleme im Zusammenhang mit der EU und unseren Verfassungsänderungen. Und sie haben die Zusage von den ungarischen Gesprächspartnern, dass Ungarn im Einvernehmen mit den europäischen Partnern die Probleme löst. Nach diesem Gespräch wurde von ungarischen Medien eine missverständliche Frage gestellt, auf die der ungarische Ministerpräsident geantwortet hat. Aber seine Antwort war nicht kritisch gemeint. Daraus haben einige deutsche Medien eine Story entwickelt, die nicht der Wahrheit entspricht.

Der deutsche Außenminister Westerwelle zeigte sich empört über Orbán.
Das stimmt nicht. Er sagte, es sei ein Ausrutscher gewesen. Aber ich glaube nicht, dass er empört war.