Zehn Kilometer lang, vier Kilometer breit und fast so hoch wie das Empire State Building: Unter einem Gletscher in der Antarktis klafft ein riesiges Loch. Forscher haben herausgefunden, dass der Hohlraum schneller wächst als erwartet.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Pasadena - In Rekordgeschwindigkeit wächst unter einem Gletscher in der Antarktis ein riesiger Hohlraum. Er sei zehn Kilometer lang und vier Kilometer breit und damit so groß wie zwei Drittel der Fläche von Manhattan, schreiben Forscher des Jet Propulsion Laboratory (JPL) der US-Raumfahrtbehörde Nasa im Fachmagazin „Science Advances“.

 

Der größte Teil des Eises sei innerhalb der letzten drei Jahre geschmolzen, der entstandene Hohlraum sei 350 Meter hoch. Das sei eine verstörende Entdeckung, teilte die Nasa mit. Nun müsse erforscht werden, wie der Schmelzvorgang den Meeresspiegel beeinflusse.

Hohlraum umfasst 14 Milliarden Tonnen

Der Hohlraum, der einmal 14 Milliarden Tonnen Eis gefasst hat, befindet sich unter dem Thwaites-Gletscher in der Westantarktis. Das Gestein unter dem Gletscher liegt hier deutlich tiefer als der Meeresspiegel. Der größte Teil des Eises sei innerhalb der letzten drei Jahre durch eindringendes Meerwasser geschmolzen, schreiben die Forscher.

Seit 2010 beobachten Nasa-Satelliten den Gletscher

„Wir haben jahrelang vermutet, dass Thwaites nicht fest mit dem Untergrund verbunden ist“, sagt Ko-Autor Eric Rignot. Mit neuen Satelliten sei es nun erstmals möglich gewesen, die Veränderung des Gletschers und das Ausmaß des Hohlraums genau zu messen. Seit 2010 beobachten Nasa-Satelliten den Gletscher mit hochauflösendem Radar.

„Die Größe der Höhle unter dem Gletscher spielt eine wichtige Rolle beim Schmelzvorgang“, sagt Erstautor Pietro Milillo. „Wenn mehr Wärme und Wasser unter den Gletscher gelangen, schmilzt er schneller.“ Der gesamte Thwaites-Gletscher ist so groß wie Florida und derzeit für 4 Prozent des Anstiegs des Meeresspiegels verantwortlich.

Würde der gesamte Gletscher wegschmelzen, könnten die Weltmeere um etwa 65 Zentimeter ansteigen, heißt es in der Nasa-Mitteilung. „Zu verstehen, wie das Meer diesen Gletscher schmilzt, ist unerlässlich um zu berechnen, welchen Einfluss das auf den Meeresanstieg in den kommenden Jahrzehnten hat“, sagt Rignot.

Riesiger Eisberg in der Antarktis abgebrochen

Erst im vergangenen Dezember war am Pine-Island-Gletscher ebenfalls in der Westantarktis ein ein mehr als 260 Quadratkilometer großer Eisberg Eisberg abgebrochen. Die Experten gehen davon aus, dass wie im Fall des Thwaites-Gletscher warmes Ozeanwasser den Gletscher von unten abträgt, bis es zum Bruch kommt. der Geowissenschaftler Stef Lhermitte von der Technischen Universität im niederländischen Delft erklärte, dass die Gletscherkante, verglichen mit Aufzeichnungen vergangener Jahrzehnte, seit 2015 besonders stark zurückgehe.

Der Forscher habene bereits die nächste mögliche Bruchstelle am Pine-Island-Gletscher ausgemacht, wieder ein paar Kilometer weiter im Gletscherinneren. Die zukünftige Entwicklung hänge davon ab, ob sich das Pine-Island-Gletschersystem erholen könne.