Politik: Matthias Schiermeyer (ms)
NRW hat 2016 erstmals einen Haushaltsüberschuss erzielt. Auch da gilt das alte Klischee der Pleiteregierung nicht mehr.
Richtig ist, dass wir wegen der Rekordeinnahmen endlich mal unseren Haushalt konsolidiert haben. Andere Bundesländer wirtschaften aber sparsamer und können daher mehr investieren. Jetzt geht es in NRW um die Frage, wo die Regierung ihre Investitionsschwerpunkte setzt. Für die Wirtschaft ist Bildung das Thema Nummer eins, auch um die Integration schneller zu fördern. Danach kommt aber schon eine leistungsfähige Infrastruktur, damit die Menschen ihr Potenzial entfalten können. Teilweise ist die Infrastruktur schon gut: Kein anderes Bundesland hat eine so dichte Hochschullandschaft mit einer großen Zahl von Spitzenuniversitäten.
Wie viel wirtschaftspolitische Kompetenz messen Sie der Ministerpräsidentin zu?
Die Ministerpräsidentin sagt: Nordrhein-Westfalen soll ein Industrieland bleiben. Doch die verschiedenen Minister arbeiten nicht mit dem gleichen Ziel – da hätte Frau Kraft ihre Regierung besser koordinieren müssen, damit es auch erreicht wird.
Werden Ihre Bedenken von der Landesregierung nicht ernst genommen?
Die Ministerpräsidentin nimmt das ernst, der Wirtschaftsminister noch ernster. Da ihm der Koalitionsvertrag aber kaum Kompetenzen zugedacht hat, scheitert er daran, dass das ideologisch gefärbte Umweltministerium andere Ideen durchsetzen konnte.
Liegen die Probleme also bei den Grünen?
In Nordrhein-Westfalen agieren die Grünen völlig anders als im Südwesten: Wir sehen hier viel Fundamentalismus und wenig Realpolitik.
Wäre eine große Koalition Ihre Wunschoption bei der derzeitigen Umfragelage?
Es sieht gerade nicht danach aus, dass Rot-Grün eine Mehrheit bekommt. Auch wenn die Sozialdemokratie hier Tradition und viel bewegt hat, wie die CDU unter Jürgen Rüttgers auch, bin ich persönlich kein großer Fan von großen Koalitionen, weil sie selten ein hohes Tempo vorlegen. Den jüngsten Umfragen zufolge sind auch Schwarz-Gelb oder Rot-Gelb nicht ausgeschlossen. Eine rot-rot-grüne Regierung wollen wir auf keinen Fall. Es wäre für uns ein Albtraum, wenn wir die Wirtschaft mit volkseigenen Kombinaten organisieren sollten.