Der neue US-Botschafter in Deutschland, Richard Grenell, erntet auch in Washington Kritik – aber er weiß, dass Präsident Donald Trump hinter ihm steht.

Washington - Normalerweise spielt die deutsche Tagespolitik in den amerikanischen Zeitungen keine große Rolle. „New York Times“ und „Washington Post“ berichten in Korrespondentenberichten eher über politische oder gesellschaftliche Trends in der Bundesrepublik. Das war am Dienstag anders. „US-Botschafter in Deutschland hisst die Trump-Flagge“, hatte die „Washington Post“ bereits frühmorgens in ihrem Newsletter getitelt. Im gedruckten Blatt fand sich ein sechsspaltiger Bericht. Die „New York Times“ räumte dem Thema einen prominenten Platz als Seitenaufmacher ein.

 

Schon am Montag hatte die Parteinahme des neuen Botschafters Richard Grenell für ultrarechte Bewegungen in Europa heftige Wellen bis nach Washington geschlagen. Ob das Weiße Haus die Äußerungen unterstütze, wollte ein Journalist bei der dortigen Regierungspressekonferenz wissen. „Ich habe im Moment keine Neuigkeiten von dieser Front“, antwortete Trumps Sprecherin Sarah Sanders in militärischem Ton. Eine Distanzierung war das nicht – und sollte es auch nicht sein. Immerhin hatte Donald Trump jr., der älteste Sohn des Präsidenten, bei Twitter schon gejubelt: „Dass die linken Medien und das gescheiterte außenpolitische Establishment Richard Grenell mit Fake-News verleumden, bestärkt mich in meiner Überzeugung: Der Präsident hat den richtigen Mann für den Job als Botschafter in Deutschland ausgewählt.“

Interview mit der rechten Propagandaseite „Breitbart“

Das sehen nicht nur viele Deutsche, sondern auch zahlreiche Amerikaner anders. „Der amerikanische Botschafter in Deutschland hat gerade angedeutet, dass er die deutsche Regierung aus dem Amt jagen möchte“, empörte sich die US-Buchautorin und Pulitzerpreisträgerin Anne Applebaum bei Twitter.

Tatsächlich hatte Grenell der rechten Propagandaseite „Breitbart“ ein Interview gegeben, das diese in mehrere Teile portionierte. Er wolle „unbedingt andere Konservative in ganz Europa stärken“, erklärte der ehemalige Kommentator des rechten Fernsehsenders Fox in dem Hauptstück. Nicht nur „Breitbart“ deutete das als offene Unterstützung für die populistische „Anti-Establishment“-Bewegung.

„Dieses Interview ist schrecklich“

„Falls Grenell nach Deutschland geschickt wurde, um die westliche Allianz zu destabilisieren, dann macht er das gut“, ätzte Applebaum in einer Kolumne für die „Washington Post“. „Dieses Interview ist schrecklich“, empörte sich auch Chris Murphy, der demokratische Senator von Connecticut: „Botschafter sollten keine politische Partei im Ausland stärken.“ Seine Kollegin Jeanne Shaheen aus dem Nachbarstaat New Hampshire ging einen Schritt weiter: „Wenn Botschafter Grenell nicht bereit ist, auf politische Erklärungen zu verzichten, sollte er unverzüglich abberufen werden“, forderte die Senatorin.

Doch dazu wird es kaum kommen, Grenell ist auf seinem Posten nicht gefährdet. Der frühere Sprecher des heutigen Sicherheitsberaters John Bolton hat kühl kalkuliert nur das ausgesprochen, was sein Präsident Donald Trump denkt und hören möchte. „Dieses Interview wurde für einen einzigen Leser im Weißen Haus gegeben“, unkt man in Diplomatenkreisen in Washington. Insofern hat Grenell seine Mission bestens erfüllt.