Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg fordert die Bundesregierung zu einer „gesetzlichen Klarstellung“ beim Verbraucherinformationsrecht auf. Aufgrund der unsicheren Rechtslage nennen Behörden weder Produkte noch Unternehmen, die gegen das Lebensmittelrecht verstoßen, obwohl sie laut dem Bundesgesetz dazu verpflichtet seien. Laut einer Abfrage seien 278 solcher Verstöße in Baden-Württemberg den Überwachungsbehörden bekannt.

Stuttgart - Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg macht im Vorfeld der Verbraucherschutzministerkonferenz vom 6. bis 8. Mail im niedersächsischen Osnabrück darauf aufmerksam, dass das Recht auf Verbraucherinformation nicht greift. Laut der Gesetzesnovelle von 2012 seien die Überwachungsbehörden der Bundesländer verpflichtet, „aktiv und damit von sich aus“ über Verstöße gegen das Lebensmittelrecht zu informieren, erläuterte Cornelia Tausch, Vorstand der Verbraucherzentrale.

 

Nach einer ersten kurzen Phase von Veröffentlichung von erheblichen und wiederholten Verstößen sei fast alles eingestellt worden, die Hygiene-Smileys in Berlin-Pankow ebenso wie eine Internetseite des Stuttgarter Verbraucherministeriums. Die Namensnennung hatte aufgrund der „unbefriedigenden Rechtslage“ vor Gericht keinen Bestand.

Untersuchung: Behörden informieren Bevölkerung nicht

„Für Verbraucher ist diese Situation nicht hinnehmbar“, betont Tausch und verweist auf eine Untersuchung der Verbraucherschützer vom September 2104 bis Februar 2015. Demnach hätten 29 untere Verwaltungsbehörden 278 erhebliche Verstöße festgestellt, die der Bevölkerung nicht mitgeteilt wurden – trotz Ordnungswidrigkeitsverfahren, Strafanzeigen und Betriebsschließungen (Gastronomie). 14 Landkreise und die Stadt Ulm hatten gar keine Informationen über Verstöße. Abgefragt wurde die Überschreitung von Grenzwerten bei Pestiziden und bei Chlorat, das auch zur Desinfektion eingesetzt wird. Auffällig und „nicht verkehrsfähig“ waren etwa Obstzubereitung für Säuglinge, Parboiled Reis, Langkornreis, TK-Mangos, Chilischoten und Radieschen.

Die Gastronomie ist laut Tausch nach wie vor „Sorgenkind“ bei der Hygiene, zwei Drittel der gemeldeten Verstöße beträfen diesen Bereich. Dem Hotel- und Gaststättenverband empfahl sie, Wirte und Betreiber von Kantinen und Imbissen besser zu schulen statt gegen das Recht auf Verbraucherinformation vorzugehen. Die Bundesregierung forderte die Verbraucherschützerin zu einer „gesetzlichen Klarstellung“ auf, damit die Bundesländer die Ergebnisse ihrer Überwachung „aktiv und rechtssicher veröffentlichen können.“

Verbraucherminister Alexander Bonde (Gründe) pflichtete der Verbraucherzentrale bei. Nur wenn die Bundesregierung nachbessere, könnten Verbraucher aktiv über gravierende Verstöße informiert werden, erklärte er. „Der Bund muss seine vollmundigen Ankündigungen endlich in eine rechtssichere Praxis umsetzen.“