Der mutmaßliche Vergewaltiger aus dem Fanzug hätte eigentlich schon im Gefängnis sitzen müssen. Der Mann war bereits im vergangenen Jahr verurteilt worden. Dann machte das Amtsgerichts einen Fehler.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Stuttgart - Der Mann, der in einem Sonderzug für Fußballfans eine junge Frau sexuell missbraucht haben soll, war bereits wegen einer Vergewaltigung rechtskräftig verurteilt. Die Ladung zum Haftantritt sei aber noch nicht erfolgt, sagte Staatsanwalt Benjamin Kluck am Dienstag in Mönchengladbach. Der Sprecher des zuständigen Amtsgerichts in Mönchengladbach sprach gegenüber unserer Zeitung von einer „falschen Prioritätensetzung“ des Gerichts.

 

Für die Justiz in Nordrhein-Westfalen ist der nun wegen des Vorfalls im Zug Verdächtige kein Unbekannter. Am 29. November vergangenen Jahres wurde er rechtskräftig zu einer Haftstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Der Beschluss wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf gefasst, zuvor war das Amtsgericht Mönchengladbach in erster und das Landgericht in zweiter Instanz mit der Angelegenheit befasst. Der heute 30-Jährige wurde dabei unter anderem wegen mehrfacher Körperverletzung und Vergewaltigung verurteilt.

Oft vergehen Wochen bis zum Haftantritt

Dass Verurteilte nicht unmittelbar nach dem Richterspruch die Haft antreten, ist in Deutschland der Normalfall. Vom Urteil bis zum Haftantritt können mehrere Wochen, manchmal Monate vergehen. Zunächst muss das Urteil abgefasst werden, dann braucht es einen freien Platz in der Haftanstalt. Im vorliegenden Fall habe das Mönchengladbacher Amtsgericht allerdings deutlich zu lange gewartet, räumte Gerichtssprecher Fabian Novara ein.

So wie es den gewöhnlichen Umständen entspräche, sei auch in diesem Fall die Gerichtsakte vom Oberlandesgericht über das Landgericht an das Amtsgericht zurück gesendet worden. Nun sei es Aufgabe des Amtsgerichts, einen Vollstreckungsvermerk auszufüllen und die Akte an die Staatsanwaltschaft zu übersenden, damit diese dem Verurteilten mitteilt, wann und wo er seine Haft anzutreten habe. Das ist im vorliegenden Fall nicht geschehen.

Weitere Verurteilung zur Bewährung

In der Akte befanden sich nach Angaben des Sprechers mehrere strittige Kostenentscheidungen, die noch zu klären waren. Offenbar habe das Amtsgericht vorgehabt, erst diese Entscheidungen zu fällen und dann die Akte weiterzureichen, sagte der Gerichtssprecher. Richtig wäre es gewesen, erst die Vollstreckung der Strafe einzuleiten. Novara spricht von einem „seltenen, aber schweren Einzelfall“. Am Gericht seien Maßnahmen eingeleitet worden, dass dies nicht wieder geschehe.

Bereits vor der Verurteilung im November war der Mann – ebenfalls wegen Körperverletzung – zu einer Haftstrafe von sechs Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Nach der Entscheidung von November wurde die Bewährung widerrufen, der Mann meldete sich am Montag zum Haftantritt. In den nächsten Tagen soll er nun wegen der Vorfälle im Fanzug verhört werden.