Serey Dié hat beim 2:0-Sieg des VfB gegen Berlin eine herausragende Leistung geboten. Der Ivorer erzielte nicht nur ein Tor – er verkörperte alles, was man sich von einem Sechser erwartet. Nur reden will er nicht.

Stuttgart - Das Spiel ist längst vorüber, doch Serey Dié sieht sich gezwungen, noch einmal einen Sprint anzuziehen. Holger Laser hat sich ihm mit einem Mikrofon in den Weg gestellt – der Stadionsprecher des VfB will nach dem 2:0-Sieg gegen Hertha BSC ein Interview mit jenem Mann führen, der am Stuttgarter Erfolg so maßgeblich beteiligt war. Es bleibt ein netter und erfolgloser Versuch. „Danke vielmals“, sagt Serey Dié – und flüchtet im Eiltempo in die Kabine.

 

Noch einmal begleiteten den Ivorer die Ovationen des Publikums, genau wie ein paar Minuten vor Spielende, als er angesichts des feststehenden Sieges vom Feld geholt wurde. Geschlossen erhoben sich die Leute auf der Haupttribüne von ihren Sitzen, um eine Leistung zu würdigen, die nicht nur der VfB-Trainer Jürgen Kramny „herausragend“ fand. Serey Dié war der überragende Mann auf dem Platz und krönte seine Vorstellung mit seinem ersten Tor für den VfB, einem technisch anspruchsvollen Außenristschuss zum 1:0, das die bis dahin völlig offene Partie in die gewünschte Richtung lenkte.

Ein Mann mit eisernen Prinzipien

Auch nach dem Duschen huscht der Mann des Tages, die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, wortlos davon – und bleibt damit ein weiteres Mal seinem eisernen Prinzip treu. Es lautet: öffentliche Äußerungen gibt es von ihm nur während der Vorbereitung – wenn die Saison erst mal begonnen hat, gilt seine Konzentration ausschließlich dem Fußballspielen. Unbeantwortet bleiben demnach die Fragen, wie sich Serey Dié den wundersamen Aufschwung des VfB und seine eigene Glanzleistung erklärt.

Sein Statement hat der Schweiger mit dem Irokesenhaarschnitt allein auf dem Platz abgegeben – ausgiebig wird dafür hinterher über ihn gesprochen. Dass das VfB-Mittelfeld wieder so kompakt sei, dass dadurch auch die Innenverteidigung besser aussehe, dass das Spiel ein feste Struktur habe – „das hat viel mit Serey Dié zu tun“, sagt der Manager Robin Dutt, der den 31-Jährigen im vergangenen Winter vom FC Basel nach Stuttgart geholt hat.

Unter Jürgen Kramny ist er wieder aufgeblüht

In der Rückrunde der Vorsaison leistete Dié einen ganz wichtigen Beitrag zum Klassenverbleib – und war anschließend nicht der Einzige, der Probleme hatte mit der neuen Spielidee von Alexander Zorniger, die ein viel früheres Attackieren des Gegners vorsah. Erst unter Jürgen Kramny, der sich ausgiebig mit Dié auseinandergesetzt hat, ist er wieder in seine alte Rolle geschlüpft: als aggressiver Anführer vor der Abwehr, als Ballverteiler, als Taktgeber – in Perfektion vorgeführt gegen Hertha BSC. Leistungen wie diese sind der Grund dafür, dass die Position des Sechsers im modernen Fußball als Königsposition gilt.

Die „Positionsdisziplin“ des Nationalspielers lobt Robin Dutt – und vergisst nicht, auch Christian Gentner zu erwähnen, Diés Partner im zentralen Mittelfeld: „Sie haben sich gesucht und gefunden.“

Mit Gentner verbindet ihn eine Freundschaft

Von einer Freundschaft, die beide verbinde, spricht Gentner selbst. „Wir profitieren gegenseitig voneinander“, sagt der Kapitän und preist „den Spaß und die Leidenschaft“, die Serey Dié in die Mannschaft bringe. Ein Musterprofi sei er, ein Mann, der sich Tag und Nacht mit seinem Beruf beschäftige. Das merkt Gentner auch daran, dass ihn sein Freund und Mittelfeldpartner regelmäßig anruft, um Gedanken zum Stuttgarter Spiel loszuwerden. Es sind Momente, in denen auch Serey Dié plötzlich reden kann wie ein Wasserfall.