Für Ron-Robert Zieler ist das erste Jahr beim VfB Stuttgart sehr gut gelaufen, aber der Torhüter strebt mit dem Fußball-Bundesligisten nach mehr.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Grassau - Ron-Robert Zieler kann sich noch gut daran erinnern, wie seine Zeit beim VfB Stuttgart begonnen hat. Am 11. Juli des Vorjahres war der Tag gekommen, an dem sich der Torhüter an der Rezeption seines Teamhotels in Velden am Wörthersee morgens um fünf Uhr eigenhändig ein Taxi bestellte. Das brachte den Goalie von Leicester City, der in der Saison zuvor im Duell mit dem dänischen Nationaltorhüter Kasper Schmeichel den Kürzeren gezogen hatte, zum Flughafen Klagenfurt. Von dort aus ging es mit dem Flugzeug nach Stuttgart – und das einjährige Kapitel beim englischen Sensationsmeister von 2016 war für Zieler beendet.

 

„Damals war ich ja der erste Spieler mit Erfahrung, der vom VfB dazugeholt wurde. Die Mannschaft war zu diesem Zeitpunkt sehr jung – und wusste nicht genau, wo sie nach dem Wiederaufstieg steht“, blickt der 29-Jährige im Stuttgarter Teamhotel, dem Golf Resort Achental, zwölf Monate zurück. Genau hier, im idyllischen Grassau im Chiemgau, hatte Zielers Reise mit den Cannstattern begonnen. „Insofern schließt sich für mich ein Kreis“, sagt Zieler: „Auch ich musste mich ja wieder beweisen und denke, das hat gut funktioniert. Für mich und für den VfB war das eine tolle Sache.“

Erst im weiteren Verlauf des Transfersommers 2017 wurde dem Kader des Aufsteigers durch den eilig geholten Manager Michael Reschke weitere Routine zugeführt. Die Verpflichtung von Innenverteidiger Holger Badstuber hatte noch der Reschke-Vorgänger Jan Schindelmeiser über die Bühne gebracht. Es folgten Dennis Aogo und Andreas Beck, ehe im Winter Mario Gomez zurückkehrte.

„Wenn man den aktuellen Kader mit dem von damals vergleicht, ist das schon ein großes Plus an Qualität. Es sind tolle Spieler dazugekommen“, sagt Zieler auch über die sieben Neuzugänge in diesem Sommer. Die Reise mit dem VfB soll also erfolgreich weitergehen für den Mann, der vor seinen Ersatzleuten Jens Grahl und dem aktuell verletzten Alexander Meyer („Wir kommen super miteinander aus“) die klare Nummer eins auf dem Posten zwischen den Pfosten ist. Bis 2020 läuft Zielers Vertrag beim VfB – doch das muss längst nicht das letzte Wort gewesen sein. „Beide Seiten wollen sich noch weiterentwickeln“, sagt der 29-Jährige, der 2014 in Rio de Janeiro mit der deutschen Nationalelf als dritter Torwart Weltmeister wurde.

Ein bisschen hatte sich die jüngste Entwicklung des Torhüters und seines Arbeitgebers anschließend ja im Gleichschritt vollzogen. „Ich hatte sechs tolle Jahre in Hannover und dort ein wahnsinniges Standing“, erzählt der Schlussmann, der in der Sommerpause in Salzburg seine Anna geheiratet und die Flitterwochen auf Bali verbracht hat. Als sich der VfB in der Saison 2016/17 in Liga zwei daran machte, den sportlichen Super-GAU namens Abstieg wieder zu reparieren, da kam Zieler zeitgleich auf der Insel nicht am Rivalen Schmeichel vorbei. Neun Partien in der Premiere League, eine in der Champions League hat der Torwart, der als Junior für Manchester United gespielt hatte, für Leicester City absolviert. „Erstmals in meiner Karriere ist es nicht optimal gelaufen“, sagt der gebürtige Kölner.

Zurück in der Bundesliga bog Zieler wieder in die Erfolgsspur ein. Der Rivale und VfB-Aufstiegstorwart Mitch Langerak verließ entnervt den Verein – und Zieler avancierte in seiner Premierensaison für die Stuttgarter gleich zum großen Rückhalt. Zwölfmal konnte er in der abgelaufenen Runde zu null spielen und hatte seinen Anteil daran, dass der VfB am Ende den siebten Tabellenplatz belegte. Dass Zieler nun im Trainingslager am Ufer der Tiroler Ache ein Einzelzimmer zugeteilt bekommen hat, das darf er ruhig als Zeichen der Wertschätzung seitens seines Arbeitgebers werten.

Das Wort des Schlussmanns zählt etwas beim VfB. Gemeinsam mit Kapitän Christian Gentner, Mario Gomez und Holger Badstuber zählt Zieler zu den Führungskräften im Team. „Dabei spielen wir nicht die Oberlehrer“, sagt der Ex-Nationalspieler: „Sondern wir leben den Jüngeren unsere Professionalität und unseren Ehrgeiz vor.“

Gemeinsam strebt man nun zu neuen Ufern, bremst aber das Umfeld bei allzu großen Erwartungen. „Man muss realistisch bleiben. Wir werden zusehen, dass wir so schnell wie möglich die 40 Punkte erreichen und eine stabile Saison spielen“, sagt Zieler – und liegt damit verbal auf einer Linie mit den Clubbossen. Und noch etwas soll für den Schlussmann gleichermaßen wie für seinen Verein gelten: „Der Weg des VfB“, sagt Ron-Robert Zieler, „der ist noch nicht zu Ende.“