VfB Stuttgart Ja oder Nein zu Sven Mislintat – die Folgen der Entscheidung

Sven Mislintat arbeitet seit Mai 2019 für den VfB Stuttgart. Foto: Baumann/Julia Rahn

Bleibt er über den Sommer 2023 hinaus – oder ist er schon bald nicht mehr da? Beim VfB Stuttgart steht die Entscheidung über Sven Mislintat an. Egal, wie sie ausfällt, die Folgen werden gravierend sein.

Sport: Dirk Preiß (dip)

Bleibt er? Geht er? Ist er noch in diesem Jahr Geschichte beim VfB Stuttgart? Die Zukunft des Sportdirektors Sven Mislintat beim Fußball-Bundesligisten soll sich in diesen Tagen entscheiden. Legt ihm der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle ein Angebot zur Vertragsverlängerung über Sommer 2023 hinaus vor, das für den streitbaren Westfalen angemessen erscheint, könnte die seit Mai 2019 währende Liaison zwischen Mislintat und dem VfB Stuttgart wider Erwarten doch noch in die Verlängerung gehen. Die Zeichen der vergangenen Wochen und Monate deuten in eine andere Richtung – final entschieden ist aber noch nichts.

 

Klar ist indes: Egal, wie die Entscheidung ausfällt, sie wird Folgen haben für den VfB. Ein Ausblick auf zwei mögliche Szenarien. Szenario 1: Sven Mislintat verlängert

Dem Sportdirektor geht es in den anstehenden Gesprächen vor allem um die Absicherung seiner bisherigen Kompetenzen. Nimmt er ein Angebot zur Fortführung seiner Tätigkeit an, muss er sich aber damit abfinden, seine Entscheidungen künftig auf eine breitere Basis zu stellen. Der 50-Jährige schätzte bislang die schlanke Struktur, im Team mit seinem Vertrauten Markus Rüdt (Sportdirektor Organisation), einst Ex-AG-Boss Thomas Hitzlsperger und dem ehemaligen Chefcoach Pellegrino Matarazzo. Da wurde schnell und meist im Einklang entschieden.

Nun ist Wehrle Vorstandsvorsitzender und Sportvorstand, der Ex-Kölner hat sich die Ex-Profis Sami Khedira und Philipp Lahm als Berater an die Seite geholt, von Januar an spielt darüber hinaus der langjährige Kapitän Christian Gentner mit im Team der Sportverantwortlichen. Bleibt Mislintat, muss er die neue Struktur uneingeschränkt akzeptieren. Dazu gehört, dass sich die Ausrichtung der Kaderplanung ein Stück weit verändern kann.

Bliebt Mislintat, braucht es einen Schulterschluss

Zudem gilt für Wehrle und Mislintat: Es braucht zu einer fruchtbaren weiteren Zusammenarbeit einen Schulterschluss. Das gegenseitige Misstrauen muss verschwinden, damit der VfB sportlich in eine Richtung agieren kann. Dazu gehört ein abgestimmtes öffentliches Auftreten. Beide müssten ihre jeweiligen Fürsprecher darauf verpflichten.

Mit Blick auf die Position des Cheftrainers würde eine Vertragsverlängerung Mislintats wohl die dauerhafte Beförderung von Michael Wimmer zum Cheftrainer bedeuten. Den bisherigen Interimscoach hält der Sportdirektor für einen „Topkandidaten“, Wehrle müsste hinter dieser Entscheidung stehen. Wimmer bräuchte dann Zugänge in seinem Trainerteam. Szenario 2: Sven Mislintat verlängert nicht

Sollten die Gespräche scheitern, ist davon auszugehen, dass die Ära Mislintat beim VfB schnell endet, er würde dann weder die Trainerentscheidung noch die Kaderplanung in der Winterpause und für die neue Saison verantworten. Bedeutet für den VfB: Er braucht schnell einen überzeugenden Nachfolger – oder eine solide Übergangslösung. Letzteres ist alles andere als ausgeschlossen. Auf Zeit spielen ohne eine sofortige Alternativlösung kann Alexander Wehrle aber nicht.

Geht Mislintat, braucht der Club eine neue Story

Ohne den Fürsprecher Sven Mislintat sinken die Chancen für Michael Wimmer, Chefcoach zu bleiben. Fällt die Entscheidung gegen ihn aus, wird der Niederbayer beim VfB wohl nicht zurück ins zweite Glied treten. Bedeutet: Der VfB muss – ebenfalls unter Zeitdruck – auch einen neuen Trainer samt Assistenten finden. Am 12. Dezember soll das Team das Training aufnehmen.

In welcher Zusammensetzung die Mannschaft dann am 21. Januar in die zweite Saisonhälfte startet? Gut möglich, dass man sich ohne Mislintat, der dem jetzigen Kader den Klassenverbleib zutraut, auf ein, zwei erfahrene Neuzugänge verständigt. Generell und langfristig könnte sich die sportliche Ausrichtung beim VfB wieder verändern.

Mit einem Abschied Mislintats müsste sich der VfB auch endgültig eine neue Identität schaffen. Die Story vom besonderen und teils ungewöhnlichen Weg, den der Sportdirektor einst mit Thomas Hitzlsperger eingeschlagen hat, ist dann auserzählt. Womöglich bekommen die Stuttgarter wieder eher den Anstrich eines gewöhnlichen Clubs, der in den sportlichen Niederungen der Bundesliga nach den gewohnten Gesetzmäßigkeiten der Branche funktioniert. Zwar war sportlich zuletzt schon nicht mehr zwingend eine klare Philosophie zu erkennen. Das Bild des VfB prägten in den vergangenen Jahren aber nicht nur die Auftritte auf dem Platz.

Sosehr Mislintat aufgrund der sportlichen Ergebnisse in der Kritik steht, so beliebt ist er in weiten Teilen der Fanszene. Der – auch wütende – Aufschrei als Folge einer Trennung wäre groß. Womöglich auch innerhalb der Mannschaft. Fast alle Spieler im Kader wurden von Sven Mislintat nach Stuttgart gelotst oder haben mit ihm ihren Vertrag verlängert. Zudem hatte sich das Team zuletzt für die Fortführung der Arbeit mit Michael Wimmer ausgesprochen.

Als Fazit gilt, was Sven Mislintat kürzlich während der USA-Reise über sich und den VfB gesagt hat: „Es ist eine wichtige Entscheidung – für mich und den Club.“ Mit all ihren Folgen.

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