Der VfB Stuttgart steckt in der Krise, ist Tabellenletzter. Trainer Armin Veh soll die Mannschaft aus dem Tabellenkeller führen. Im Interview erklärt er, wie er die Abwehr stabilisieren will – und spricht über mögliche Neuzugänge.

Stuttgart - Tabellenletzter, die meisten Gegentore kassiert und noch sechs wichtige Spiele bis zur Winterpause – der VfB Stuttgart steckt wieder in einer schwierigen Situation. Lösen soll sie Armin Veh, der im Sommer als Hoffnungsträger gekommen ist. Doch wie? Nach knapp einem Drittel der Saison in der Fußball-Bundesliga gibt der Trainer fünf Antworten auf fünf Fragen, die sich viele Fans stellen.

 

Der VfB hat alleine in den vergangenen fünf Spielen 16 Gegentore kassiert und insgesamt schon 25 in dieser Saison – mehr als jede andere Mannschaft in der Fußball-Bundesliga. Davon sind neun Tore nach Standardsituationen des Gegners gefallen. Auch das ist rekordverdächtig.

Herr Veh, wie wollen sie die Abwehrprobleme lösen?

„Da gibt es kein Patentrezept. Wir müssen das richtige Verhalten im Training immer wieder üben. Das ist die einzige Möglichkeit. Besonders ärgerlich ist, dass wir in der vergangenen Woche sehr viel Zeit bei den Einheiten auf dem Platz aufgewendet haben, um Standardsituationen des Gegners einzustudieren – und dann haben wir in Bremen genau daraus beide Gegentore kassiert. Deshalb werden wir in solchen Situationen zunächst keine Raumdeckung mehr spielen, obwohl das in den Tagen zuvor im Training funktioniert hat. Warum sich die Spieler dann im Ernstfall anders verhalten haben als im Training, ist schwer einzuschätzen. Dafür gibt es keine schlüssige Erklärung. Wenn man in einer ganzen Saison neun Gegentreffer nach Standardsituationen bekommt, regt man sich als Trainer natürlich extrem auf – und wir kriegen diese neun Tore in nur elf Spielen. Das Ergebnis ist dann, dass wir jetzt Tabellenletzter sind. Wenn wir diese Fehler nicht abstellen können, dann kommen wir da unten auch nicht heraus.“

Armin Veh ist ehrlich – und er mag nicht gern um den heißen Brei herumreden. Deshalb hat er in den vergangenen Wochen Fehler von Spielern in der Öffentlichkeit auch deutlich angesprochen.

Herr Veh, machen Sie ihre Spieler schlecht?

„Ich kann diesen Vorwurf, dass ich meine Mannschaft schlechtrede, nicht nachvollziehen. Das ist überhaupt nicht mein Ansatz. Im Gegenteil. Ich versuche, den Spielern zu vermitteln, dass sie keine Angst vor Fehlern haben müssen. Darauf fußt doch auch unser Spiel: Wir wollen nach vorne etwas riskieren, ohne ständig daran zu denken, was hinten passieren könnte. Wenn ich nach dem Spiel bei Werder Bremen also sage, dass Christian Gentner seine große Kopfballchance hätte nutzen müssen, dann rede ich ihn nicht schlecht, sondern dann ist das eine realistische Einschätzung. Diese Situation hat doch jeder so bewertet – Christian im Übrigen auch. Wenn ich das nicht mehr sagen darf, dann dreschen wir ja nur noch Phrasen.“

Die Unzufriedenheit beim VfB wächst. Bedingt durch die kritische sportliche Lage macht sich diese neuerdings auch am Trainer fest, der zunehmend kritisch beäugt wird.

Herr Veh, spüren Sie mehr Skepsis gegenüber Ihrer Arbeit?

„Nein. Ich habe von Anfang an gespürt, dass es dem VfB gegenüber viele Bedenken gibt. In den vergangenen Jahren ist sportlich einfach einiges schiefgelaufen. Da wirkt vor allem der Abstiegskampf aus der vergangenen Saison nach. Nun müssen wir Vertrauen zurückgewinnen. Das geht nicht von heute auf morgen. Und ehrlich gesagt: als Tabellenletzter hast du wenig Argumente. Unsere Aufgabe ist es also, aus dieser Situation wieder herauszukommen. Da gilt es, sich nicht zu sehr mit dem Umfeld zu beschäftigen, sondern sich allein auf die Mannschaft zu konzentrieren. Das tue ich.“

Der VfB sondiert den Wintertransfermarkt. Priorität hat die Verpflichtung eines Innenverteidigers. Der Mexikaner Hector Moreno von Espanyol Barcelona (Vertrag bis 2016) gilt als Kandidat. Allerdings verletzte er sich vor der WM im Sommer schwer und ist erst seit Kurzem wieder im Training.

Herr Veh, was passiert personell in der Winterpause?

„Grundsätzlich nützt es mir nichts, jetzt groß über unsere personellen Pläne zu sprechen. Sicher ist, dass wir uns verstärken wollen. Dazu gibt es ein klares Profil – und wir wissen, wen wir haben wollen. Diese Arbeit haben wir schon geleistet, und die Vereinsführung weiß ebenfalls Bescheid. Alles andere wäre auch nicht professionell. Ob es sich dabei um Hector Moreno handelt, kann ich Ihnen nicht bestätigen. Er wäre sicher einer, der auf dem Platz etwas darstellt – wenn man so will: ein echter Typ. Die Frage ist aber auch, ob wir uns einen Spieler, der vertraglich noch länger gebunden ist, leisten können. Wir müssen also schauen: Was ist machbar?“

Die nächste Parte bestreitet der VfB am 23. November gegen den FC Augsburg. Zu diesem Club in seiner Heimatstadt hat Armin Veh einen besonderen Bezug, weil er da als Fußballer groß geworden ist. Momentan belegt der FCA mit 15 Punkten den siebten Tabellenplatz.

Herr Veh, was kann man vom FC Augsburg lernen?

„Das reduziere ich auf das Wichtigste – und das ist die Personalpolitik. Sie ist das A und O, davon leben alle Vereine und davon hängen Erfolge oder Misserfolge maßgeblich ab. Der FC Augsburg hat seine Transfergeschäfte mit seinem nicht so großen Budget in den vergangenen Jahren sehr gut gemacht. Das Resultat ist diese Mannschaft, die nach und nach zusammengestellt worden ist. Dazu haben sie mit Markus Weinzierl eine Kontinuität auf ihrem Trainerposten. Die Vereinsführung hat ihm auch das Vertrauen geschenkt, als sie vor zwei Jahren in der Winterpause nur neun Punkte auf dem Konto hatten. Außerdem sind die Wege in Augsburg kurz. Es ist ein kleiner Kreis, der dort die Entscheidungen trifft. So kann man schnell handeln. Das machen sie auch ganz unaufgeregt. Ruhe in der Form haben wir hier beim VfB nicht. Das kann man aber auch nicht vergleichen, weil wir ein größerer Club mit einer größeren Tradition sind. Aber das finde ich durchaus positiv.“