Stuttgart - Hier ein freundschaftliches Begrüßungsküsschen, dort eine herzliche Umarmung, Viviane Schmidt ist auf der Waldau keine Unbekannte. Das wird rund um das Fußball-Oberligaspiel der Stuttgarter Kickers gegen den 1. FC Bruchsal schnell klar. „Diese Offenheit, diese Warmherzigkeit, diese familiäre Atmosphäre hat mich von Anfang an begeistert. Für mich war die Beziehung zu diesem Verein so etwas wie Liebe auf den ersten Blick“, sagt die 40-Jährige, die sich selbst als „verrückten Fußballfan“ bezeichnet. Sie ist in Frankfurt geboren, lebt in der Mainmetropole und fiebert seit ihren elften Lebensjahr mit den Blauen mit.
Wie es dazu kam? Seit sie denken kann, war Viviane Schmidt Fan von Guido Buchwald. Vor der WM 1990 blätterte sie in einem Sonderheft und stieß erstmals in dessen Vita auf die Station Stuttgarter Kickers. Ihr Interesse war geweckt. „Fortan schwärmte ich für die Blauen, vielleicht lag es auch ein bisschen an diesem tollen Vereinsemblem mit dem Kickers-K und den drei Sternen“, meint sie im Rückblick. Auch beim historischen 4:1-Sieg beim FC Bayern München am 9. Oktober 1991 war sie im Stadion. Im gleichen Jahr bekam die damals Elfjährige zu Weihnachten von ihren Eltern eine Mitgliedschaft bei den Blauen geschenkt, die bis heute andauert.
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„Mein Papa, manchmal auch die Mama, musste mich immer mit dem Zug nach Stuttgart begleiten“, erzählt sie. Nicht nur zu den Spielen. Einmal wünschte sich sich zum Geburtstag sogar einen Trainingsbesuch in Degerloch, um besser an Autogramme und Fotos mit ihren Lieblingen ranzukommen. „Als wir dort ankamen, hieß es aber plötzlich: Training fällt aus – wegen zu hoher Ozonwerte“, erinnert sie sich. Der damalige Trainer Wolfgang Wolf rettete die Lage, tröstete das Mädchen, in dem er ihr einen Wimpel und ein Trikot schenkte. „Eine wunderschöne Erinnerung, vielleicht ganz gut, dass das Training damals ausfiel“, sagt sie im Nachhinein mit einem Lächeln.
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Ihre Fußballbegeisterung blieb nicht ohne Folgen. Viviane Schmidt machte ihr Hobby zum Beruf. Ein Praktikum beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) im Zusammenhang mit der WM 2006 war der Startschuss. Es folgten Stationen beim SV Wehen Wiesbaden, dem Bayrischen Fußballverband, beim FC Bayern München, und 2014 holte sie Sportdirektor Bruno Hübner zu Eintracht Frankfurt, mit dem sie schon in Wehen zusammengearbeitet hatte. Beim FC Bayern ging sie in Sachen Scouting praktisch in die Lehre. Sie übernahm die Reise-Koordination der Scouts, erstellte Videos und Profile von Spielern. Bei der Eintracht sichtete sie zum Teil selbst in der zweiten und dritten Liga in den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz und Belgien. Nach ihrem Wechsel ins Team- und Vertragsmanagement organisierte sie praktisch alles außerhalb des Platzes. Sie kümmerte sich zum Beispiel um die Belange von (ausländischen) Spielern und deren Familien. „Wenn das Kind Bauchschmerzen oder Fieber hatte, kam es schon mal vor, dass mich die Frau eines Spielers mitten in der Nacht anrief“, sagt Schmidt.
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Im August 2021 wagte sie den Schritt in die Selbstständigkeit. Sie unterstützt seitdem mit ihrer Firma (www.offside-club.com) Spieler und Trainer bei formellen oder bei privaten Angelegenheiten, sie übernimmt Behördengänge oder reserviert einen Tisch im Lieblingsrestaurant. „Ich bin inzwischen Expertin für alle Aufgaben des Spieleralltags bis hin zu Spezialgebieten wie Vermarktung und Mental Coaching. Ich habe mir ein Netzwerk aufgebaut, auf das ich zurückgreifen kann und das sich stetig erweitert“, erklärt Viviane Schmidt.
In Degerloch will sie in der Rückrunde wieder vorbeischauen: „Ich hoffe inständig auf den Aufstieg, dann kann ich auch mal wieder Auswärtsspiele bei mir vor der Haustüre im Rhein-Main-Gebiet anschauen.“ Auswärtsspiele der Kickers, ihrer großen Fußball-Liebe.