Pia Kästner von Allianz MTV Stuttgart gilt als Zuspielerin der Zukunft im deutschen Volleyball – und hat auch schon in der Gegenwart hohe Ziele.

Stuttgart - Die erste Niederlage der Saison hat Pia Kästner schon einstecken müssen. Allerdings nicht in der Halle. Sondern auf dem Wasser. Die Volleyball-Nationalteams der Frauen und Männer sind derzeit im Leistungszentrum in Kienbaum. Um zu trainieren. Und um den Zusammenhalt zu stärken. Bei der Aufgabe, auf einem See eine Brücke zu bauen, ging die Gruppe von Pia Kästner baden. Sie selbst analysierte das ganz trocken: „Spaß gemacht hat’s trotzdem.“ Und eine wertvolle Erfahrung war es zudem. Schließlich muss Pia Kästner auch in ihrer Karriere Hindernisse überwinden, um voranzukommen. Schritt für Schritt. Die 20-Jährige gilt im deutschen Volleyball als Zuspielerin der Zukunft. Doch das genügt ihr nicht. Für sie zählt auch schon die Gegenwart.

 

An diesem Mittwoch beginnt die Vorbereitung des Bundesligisten Allianz MTV Stuttgart. Ohne Pia Kästner. Das ist ein Nachteil für sie. Einerseits. Andererseits wird die Zeit, die ihr fehlt, um sich mit den Kolleginnen einzuspielen und sich gegen Neuzugang Madison Bugg (24/vom Dresdner SC) zu behaupten, ausgeglichen durch die Fortschritte, die sie beim Nationalteam macht. „Sie entwickelt sich super gut“, sagt Felix Koslowski, „eine Zuspielerin muss eine echte Type sein. Das ist Pia absolut!“

Pia Kästner hofft auf ein Ticket zur WM nach Japan

Kästner (1,80 m/sechs Länderspiele) genießt die Wertschätzung des Bundestrainers. Doch gleichzeitig weiß sie genau, wo sie steht: am Anfang. „Es ist cool und eine Ehre, erstmals den Sommer über beim Nationalteam zu sein“, sagt sie, „ich kann hier enorm viel lernen, von der Erfahrung der Älteren profitieren, mich weiter verbessern. Das alles ist sehr aufregend.“ Und es könnte noch spannender werden.

Im Oktober findet die WM in Japan statt. Zwei Zuspielerinnen wird Koslowski mitnehmen, gesetzt ist nur Denise Hanke (28) vom Schweriner SC. Der andere Platz? Ist noch nicht vergeben. „Pia Kästner“, sagt der Bundestrainer, „hat sehr gute Chancen, bei der WM dabei zu sein.“ Eher nicht, um dort viel zu spielen. Sondern um weitere wichtige Erfahrungen zu sammeln. „Es wäre fantastisch, schon im ersten Jahr für eine WM nominiert zu werden“, sagt Kästner, „ich könnte dort viel lernen. Und ich hätte große Lust, auf die großen Nationen zu treffen.“ Wenn’s nicht klappt? Würde sich die Perspektive verändern. Spätzle statt Sushi. Stuttgart statt Japan.

Mit zehn Spielerinnen startet MTV-Trainer Giannis Athanasopoulos in die Vorbereitung – nur ein Trio fehlt. Neben Kästner kämpfen auch die Neuzugänge Jana-Franziska Poll (30) und Sarah Wilhite (22/USA) noch um WM-Tickets. „Wenn’s klappt, stoßen sie erst kurz vor dem Bundesliga-Start zu uns, aber dieses Problem hat jeder Verein“, sagt MTV-Sportchefin Kim Renkema, „wir wären stolz, wenn es alle drei zur WM schaffen würden. Auch weil es ein Beleg dafür wäre, wie hoch das Niveau bei uns ist.“ Entsprechend groß ist allerdings der Konkurrenzkampf in Stuttgart. Auch unter den Zuspielerinnen.

Kim Renkema: „Pia Kästner kann eine ganz Große werden“

Ganz bewusst haben die Verantwortlichen des Vizemeisters als Nachfolgerin von Femke Stoltenborg keine neue Nummer eins für diese Position geholt. Sie wollen Pia Kästner fördern. Aber auch fordern. Das Rennen zwischen ihr und Madison Bugg gilt als völlig offen. „Wir haben zwei gleichwertige Zuspielerinnen“, meint Kim Renkema, „ich bin gespannt, wer sich durchsetzen wird.“ In der Gegenwart. Denn dass Pia Kästner die Zukunft gehört, daran hat die Sportchefin von Allianz MTV Stuttgart keine Zweifel: „Sie ist sehr kreativ, beherrscht alle Arten von Pässen, ist stark in Aufschlag und Abwehr, zudem sehr beweglich. Wenn sie noch etwas konstanter wird und ein noch besseres Gefühl dafür entwickelt, im richtigen Moment den richtigen Ball zu spielen, wird sie eine ganz Große.“ Bleibt nur die Frage: in Stuttgart?

Der Vertrag von Pia Kästner läuft noch ein Jahr – in dem sie nicht nur viel spielen, sondern auch einen Titel holen will. Um anschließend über ihre Zukunft zu entscheiden. „Ich fühle mich im Verein, im Team und in der Stadt sehr wohl“, sagt sie, „aber im Volleyball denkt man immer nur von Jahr zu Jahr.“ Und nicht daran, was womöglich schief gehen könnte. In der Halle. Oder beim Brückenbau auf dem Wasser.