Hinter der denkmalgeschützten Fassade des Hauses Schillerplatz 6 wird bald bayrisches Bier gezapft. Die Klosterbrauerei Andechs ist auf der Suche nach einem Standbein im Land in Göppingen fündig geworden.

Göppingen - Der Mönch auf dem Wirtshausschild des Gasthauses am Göppinger Schillerplatz 6 wird die Kutte wechseln. Noch wirbt die Franziskaner Bräu mit dem historisch gekleideten Ordensbruder für ihren Gerstensaft, der im mediterranen Café Dolce ausgeschenkt wird. Doch schon hat „Der Andechser“ die Hand am Zapfhahn. Die stadteigene Wohnbau GmBH Göppingen (WGG) will an zentraler Stelle in der Stadt bis zu zwei Millionen Euro investieren, um der Klosterbrauerei Andechs dort den roten Teppich auszurollen. Statt Dolce Vita ist dann bayrische Gemütlichkeit angesagt.

 

„Die Andechser Brauereigaststätte soll eine Institution in der Stadt werden und mit ihrer hohen Qualität nicht nur auf den Schillerplatz, sondern weit darüber hinaus ausstrahlen“, verspricht der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till, der die Pläne am Montag der Presse vorgestellt hat. Einen Pächter haben die Brauerei und die Wohnbau-Gesellschaft noch nicht an der Hand, doch soll mit der Suche nun umgehend begonnen werden.

Flaggschiff für Baden-Württemberg

Denn auch die bayrische Traditionsbrauerei erhofft sich von dem gastronomischen Engagement in der Stauferstadt einen Imageschub. „Wir werden hier ein besonderes Objekt verwirklichen, dem ein Flaggschiff-Charakter in Baden-Württemberg zukommen wird“, sagt Wolfgang Schäff, der Vertriebsleiter der Klosterbrauerei. Die in Göppingen geplante Brauereigaststätte werde von ihrem Ambiente her ein Schmuckkästchen für die Stadt werden, verspricht er. „Uns hat die klerikale Ausgestaltung der Fassade sofort gefallen. Das passt zur besonderen Ausrichtung und Tradition unseres Hauses“, sagt der Vertriebsleiter.

Nachdem Till in seiner Eigenschaft als Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnbau-Gesellschaft und Schäff als Vertreter der Brauerei ihre Unterschrift schon in der zweiten Oktoberhälfte unter den Kooperationsvertrag gesetzt haben, soll „Der Andechser“ am 14. Oktober 2016 an den Markt gehen. Bis dahin wird nicht nur hinter der denkmalgeschützten Fassade kaum ein Stein auf dem anderen bleiben, sondern auch davor. „Um die Ausstrahlung auf den Schillerplatz zu erreichen, werden wir den Asphalt aufbrechen und einen Biergarten unter Platanen einrichten“, kündigt Peter Welz, der federführende Architekt an. Seine Pläne sehen vor, dass später einmal bis zu 70 Besucher unter den noch zu pflanzenden Platanen Platz finden werden.

Bierschwemme im Erdgeschoss

Im Erdgeschoss des Hauses werden den Freunden des gepflegten Biergenusses 60 Plätze – zum Teil auch an hohen Tischen – zur Verfügung stehen. Während der Eingangsbereich mit der langen Theke die Tradition der „Bierschwemme“ aufnehmen soll, bleibt das erste Obergeschoss der anspruchsvollen Gastronomie vorbehalten. Rund 70 Personen sollen hier gleichzeitig bedient werden können. Einen Stock höher hat Welz den Einbau zweier kleinerer Konferenzräume vorgesehen. „Die Säle können getrennt oder gemeinsam für Familienfeiern, aber auch für Konferenzen von kleineren Unternehmen genutzt werden“, sagt der Architekt, der sich hier auch eine Kooperation mit dem benachbarten Hotel Drei Kaiserberge vorstellen kann.

Dem Gang des Ratchefs an die Öffentlichkeit ist ein kurzes, aber heftiges kommunalpolitisches Geplänkel vorausgegangen. Weil Tills Amtskollege Stefan Schmuckenschlager aus der Göppinger Partnergemeinde Klosterneustadt einer staunenden Göppinger Besucherdelegation die Neuigkeit vom Brauhaus am Schillerplatz exklusiv verkündet hatte, warfen die SPD und das Fraktionsbündnis von Piraten und Linken im Gemeinderat dem Ratschef vor, seinem österreichischen Kollegen gegenüber Informationen aus einer nicht-öffentlichen Sitzung des WGG-Aufsichtsrats ausgeplaudert zu haben.

Von Kungelei oder gar Geheimnisverrat könne man nicht reden, verteidigt sich Till. Er selbst habe, begleitet vom WGG-Geschäftsführer Volker Kurz, an die Klostermauern auf dem Heiligen Berg geklopft, um mit den Brauerei-Oberen ins Geschäfts zu kommen. Dass das gelungen sei, sei auch Schmuckenschlager zu verdanken. Denn dieser habe ihm über den Abtprimas des Stifts Klosterneuburg, Bernhard Backovsky, den Zugang nach Andechs geebnet. „Vor diesem Hintergrund finde ich seine Redseligkeit zu verkraften“, sagt Till.