Unkraut? Fehlanzeige: Essbare Wildpflanzen sind gesund und enthalten ein Vielfaches an Vitaminen. Außerdem fördern sie die Artenvielfalt im Garten.

Viele Hobbygärtner bepflanzen ihre Beete mit Stauden oder Blühpflanzen und rupfen unerwünschtes Grün in Form von Löwenzahn, Brennnessel oder Giersch regelmäßig heraus. Die sogenannten Unkräuter werden oft als unerwünschte Eindringlinge im Garten betrachtet, doch viele von ihnen lassen sich auch gut in der Küche verwenden. „Jede Pflanze kann ‚Unkraut’ sein, wenn sie sich da ausbreitet, wo man sie nicht haben will“, erklärt Dr. Christine Volm.

 

Die Botanikerin und Gartenbauwissenschaftlerin aus Sindelfingen ist Expertin zum Thema Ernährung mit Rohkost und Wildpflanzen. „Unkraut bedeutet nicht, dass die Pflanze keinen Wert besitzt.“ Insofern gibt es den Begriff „Unkraut“ streng genommen nicht. „Wildpflanzen sind unsere heimische Vegetation“, betont sie.

In Deutschland gibt es eine Vielzahl an Wildpflanzen

„Alles, was gezüchtet oder aus anderen Ländern importiert wird, bezeichnen wir als Zierpflanzen und was wir in Kultur nehmen, als Nutzpflanzen.“ Ob Brennnessel, Gänseblümchen, Spitzwegerich oder Schafgarbe – in Deutschland gibt es eine Vielzahl an Wildkräutern.

Die meisten von ihnen punkten mit hochwertigen Inhaltsstoffen, wie Bitter- und Schleimstoffen, Flavonoiden, ätherischen Ölen oder sekundären Pflanzenstoffen. Zudem enthalten sie oftmals das Vielfache an Vitaminen im Vergleich zu Kulturpflanzen.

In heimischen Gärten ist der Löwenzahn, der „König der Wiese“, besonders häufig anzutreffen. Seine Blüten sind für Wild- und Honigbienen, Käfer und Schwebefliegen gerade im Frühjahr in der nektararmen Zeit als Nahrungsquelle besonders wichtig. Wenn der Löwenzahn auf dem Rasen allerdings überhand nimmt, kann man ihn ausstechen und einfach aufessen.

Löwenzahn: achtmal soviel Vitamin C wie Kopfsalat

„Aus den Löwenzahnwurzeln lässt sich ein Kaffee-Ersatz herstellen“, erklärt Ines Kohm von der Uhlbacher Wildkräuterwerkstatt in Stuttgart. Die Blätter können als Salat verspeist werden und werden dazu am besten mit Rucola gemischt. „Löwenzahn enthält viele gesunde Bitterstoffe und achtmal soviel Vitamin C wie Kopfsalat.“   

Aus den gelben Blüten kann ein Honigersatz hergestellt werden, indem man sie mit Zucker einkocht. Die Blütenblätter dienen als essbare Dekoration über einem Salat oder auf einer Suppe. Ein weit verbreitetes und sehr hartnäckiges Wildkraut und der Feind aller Gärtner ist der Giersch.

Giersch ist hartnäckig im Garten - und äußerst schmackhaft. Foto: imago/imageBROKER/alimdi/Arterra/PhilippexClément

Er wächst gerne im Halbschatten, am liebsten in Gärten und genau an solchen Stellen, an den man ihn gar nicht haben möchte. Wer den Giersch einmal im Garten hat, wird ihn nur schwer wieder los. Da hilft nur, den Giersch einfach aufzuessen. „Er ist super gesund und kann wie Petersilie verwendet werden“, erklärt Ines Kohm.

Brennnessel: Magnesium, Kalium, Eisen und mehr

Giersch enthält viele Mineralstoffe und reichlich Vitamin C. „Wer Giersch allerdings anbauen möchte, sollte ihn in Töpfe aussäen, damit man die Kontrolle über die Pflanze hat.“ Wenn der Giersch zu blühen beginnt, sollte man die Blütenstände rechtzeitig abschneiden, damit sich die Pflanze nicht ausbreitet. Tipp: Die Blüten sind übrigens in einem salzigen Pfannkuchenteig ausgebacken überaus köstlich.

Die Brennnessel ist bekannt für ihre brennenden Härchen und gilt als wahre Superpflanze. Das Wildkraut liefert wertvolle Inhaltsstoffe, darunter Magnesium, Kalium, Eisen, Silicium, Eiweiß und die Vitamine A, C und E. Gekochte Brennnesselblätter können wie Spinat verwendet werden und als Füllung, Suppe oder sogar als Pizzabelag zum Einsatz kommen.    

Beitrag zum Artenschutz

„Keine Angst vor den Brennhaaren, sobald die Blätter nass, ganz klein geschnitten oder gekocht sind, verlieren sie ihre Brennwirkung“, so Ines Kohm. „Man kann die Brennhaare mit einem Nudelholz flach drücken, dann sind sie im rohen Zustand zu genießen.“     

Wildpflanzen leisten einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz. „Unsere Natur ist ein komplexes Ökosystem, das nur funktioniert, wenn alle Teile vorhanden sind“, erklärt Dr. Christine Volm. Deshalb setzt Insektenschutz immer den Schutz der Pflanzen voraus. „Denn nahezu jeder Falter, jede Schwebfliege, jede Biene braucht irgendeine Pflanze – sei es als Nahrungsquelle oder Brutstätte. Wenn wir also unser Ökosystem erhalten wollen, müssen wir Lebensräume für Wildpflanzen schaffen.“    

Holunder bietet Lebensraum 

Im heimischen Garten bietet beispielsweise ein Holunder an der richtigen Stelle neuen Lebensraum. „Die Vögel lieben die Beeren und auch wir können sie durch Kochen ungiftig und damit genießbar machen“, weiß die Botanikerin. „Auch der Weißdorn ist ein herrliches Wild- und Vogelnährgehölz mit toller Blüte und leuchtend roten Beeren im Herbst.“ Wer Wildpflanzen gezielt im Garten setzen möchte, sollte sich jedoch mit den Ansprüchen und Herausforderungen auskennen.

„Damit zum Beispiel eine Brennnessel gut in den Garten integriert wird, muss sie eigentlich wie Bambus behandelt werden“, betont Christine Volm. „Denn ohne Rhizomsperre wuchern die Ausläufer ihrer dichten Wurzelnetze schnell alles zu.“

Noch mehr erfahren? In diesem Video mit Ines Kohm von der Uhlbacher Wildkräuterwerkstatt gibt es gute Tipps rund um Wildkräuter und Garten.