Obwohl sie schon vor sehr langer Zeit untergegangen ist, gehört Babylon noch immer zu den berühmtesten Städten der Geschichte. Vor 125 Jahren begann die Deutsche Orient-Gesellschaft, die Ruinen der antiken Metropole in Mesopotamien auszugraben.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Um die Stadt Babylon im antiken Mesopotamien ranken sich zahlreiche sagenhafte Geschichten. So sollen die Menschen dort alle hochmütig und hinterlistig gewesen sein. Die Stadt soll ein schrecklicher Ort des Laster, der Sünde und Verderbtheit gewesen sein, wie im Alten Testament der Bibel zu lesen ist.

 

Herodot (490/480-430/420 v. Chr.) schreibt hingegen über Babylon: „Sie überragt an Schönheit jede andere Stadt, die wir kennen.“ Dabei hatte der berühmte antike Geschichtsschreiber die Stadt wohl selbst nie mit eigenen Augen gesehen.

Babylon war als Hauptstadt Babyloniens und eine der wichtigsten Städte des Altertums. Sie lag am Euphrat, etwa 90 Kilometer südlich Bagdads im heutigen irakischen Provinz Babil. Foto: Imago/Panthermedia
Der Ort war die Hauptstadt des gleichnamigen Stadtstaates, der zeitweise über weite Teile des südlichen Zweistromlandes sowie Gebiete westlich davon in Syrien und Palästina herrschte. Foto: Imago/Agefotostock
Der Turm zu Babel: Rund 20 mehrstufige Bauwerke aus drei Jahrtausenden sind heute aus der Region von Syrien, Irak und Iran bekannt, die aber sehr unterschiedlich gestaltet sind. Einzig das grundlegende Baumaterial Lehm ist allen gemeinsam. Foto: Imago/AGB Photo

Von der einstigen Pracht sind nur Ruinen geblieben

Vom Glanz, von der Pracht und dem Reichtum Babylons sind nur Ruinen geblieben. Diese befinden sich im heutigen Irak. Der deutsche Architekt und Orientforscher Robert Koldewey (1855-1925) begann vor 125 Jahren im Auftrag der Deutschen Orient-Gesellschaft, diese historischen Überreste auszugraben.

Heute sind von den antiken Türmen Mesopotamiens nur noch Ruinen übrig – wie diese Relikte des Zikkurats Birs Nimrud im Irak. Foto: Imago/Pond5 Images

Damals hatten alle die antiken Erzählungen über Babylon im Kopf. „Dann musste Robert Koldewey aber feststellen: Es war vieles ganz anders“, erzählt der Historiker Joachim Marzahn, der sich viele Jahre mit der Geschichte Babylons beschäftigt hat.

Robert Koldewey (1855-1925) war ein deutscher Architekt und Bauforscher und zudem einer der bedeutendsten Vertreter der Vorderasiatischen Archäologie. Foto: Imago/United Archives International
Am 12. Dezember 1898 brach Koldewey zum Euphrat auf. Am 26. März 1899 begannen die Ausgrabungen von Babylon. Foto: Imago/Sepp Spiegl
Koldeweys Tätigkeitent am Euphrat, zunächst nur auf fünf Jahre geplant, endeten erst 1917 durch den Einmarsch britischer Truppen in Bagdad im Zuge des Ersten Weltkriegs. Foto: Imago/Sepp Spiegl
In den 18 Jahren leitete er unter anderen ab 1903 auch die Ausgrabungen von Assur, Fara (Schuruppak), Abu Hatab und Uruk. Foto: Imago/Sepp Spiegl
Ruinen Babylons: Aufnahme aus dem Jahr 1932. Foto: Imago/Agefotostock

Koldeweys Lebenswerk war die Ausgrabung Babylons. Mehr als 16 Jahre lang grub er sich mit einer großen Schar an Helfern durch Geröll, Schutt und Staub nach den Ruinen - bis zum Jahr 1915. Dann beendete der Erste Weltkrieg die Arbeiten des großen Spatenforschers.

„Die Art, wie Robert Koldewey graben ließ und wie er die Befunde und Funde dokumentierte, waren für die damalige Zeit vorbildlich“, berichtet Marzahn. Der Forscher ließ vorsichtig eine Schicht nach der anderen freilegen. Die alten Lehmmauern wurden Ziegel für Ziegel genau nachgezeichnet. Trotz seiner jahrelangen Arbeit konnte Robert Koldewey nur einen kleinen Teil freilegen.

Der Turmbau zu Babel

Besucher stehen im Pergamonmuseum vor dem Ischtar-Tor von Babylon. Seit dem 23. Oktober 2023 sind die Türen geschlossen. Die Sanierungen sollen insgesamt 14 Jahre dauern. Foto: dpa/Sebastian Gollnow
Nicht nur die Pfoten gewaschen bekommen die Löwen am Relief der babylonischen Prozessionsstraße im Pergamonmuseum. Die Restaurierungsarbeiten an der aus gebrannten Ziegeln mit Schmelzfarbenüberzug (604-562 v. Chr.) errichteten Straßenmauer sind umfangreicher. Foto: dpa/Peer Grimm

Zu Kolldeweys berühmtesten Funden gehören Babylons Königspaläste, die Tempel und das Ischtar-Tor. Dieses Tor war das prächtigste Stadttor der antiken Metropole am Euphrat. Es war mit leuchtend blauen Fliesen verziert, mit Stieren und wundersamen Mischwesen. Es wurde in Einzelteilen nach Deutschland gebracht und dort in einem langen Prozess wieder zusammengesetzt. Heute steht es im Berliner Pergamonmuseum.

Babylon existierte mehrere 1000 Jahre lang. „Doch wenn wir heute von Babylon sprechen, meinen wir in der Regel die Zeit, als König Nebukadnezar II. regierte“, erläutert Marzahn. Dieser König lebte vor etwa 2600 Jahren.

Nebukadnezar herrschte über ein gewaltiges Reich. Bis zu 80 000 Menschen sollen in der Hauptstadt Babylon gelebt haben. Für eine gewisse Zeit war die Stadt also so etwas wie das Zentrum der Welt. „Babylon wurde zu einem Sinnbild für Macht, Reichtum und Erfolg“, sagt der Experte.

Der König ließ in seiner Regierungszeit viele wichtige Bauten errichten. Darunter ein gewaltiges blaues Stadttor, das Ischtar-Tor. Außerdem einen gewaltigen Turm. Über dieses Bauwerk gibt es eine berühmte Geschichte, die unter anderem in der Bibel zu lesen ist. Demnach wollten die Babylonier einen Turm errichten, dessen Spitze bis zum Himmel reichte.

Der Turm von Babel geht in seinem Kern vermutlich bereits auf eine Gründung des frühen zweiten Jahrtausend v. Chr. zurück. Foto: Imago/UIG
Er erfährt mehrfach Restaurierungen durch die Könige Babels. Foto: Imago/UIG
Auf Gemälden wird der Turm oft rund dargestellt. Doch die Fachleute fanden heraus, dass er in Wirklichkeit viereckig war und aus mehreren Stufen bestand. Foto: Imago/Design Pics

Viereckiger Zikkurat für Gott Marduk

In Wirklichkeit war die Sache etwas anders: Die Herrscher ließ tatsächlich einen Turm errichten. Er war komplett aus Ziegeln gebaut und mit 90 Metern auch sehr hoch. „Da die Stadt in einer weiten Ebene lag, konnte man den Turm schon von sehr weither sehen.“ Die Menschen der damaligen Zeit waren davon wohl mächtig beeindruckt.

Auf Gemälden wird der Turm oft rund dargestellt. Doch die Fachleute fanden heraus, dass der Zikkurat, wie die gestufte Tempeltürme in Mesopotamien hießen, in Wirklichkeit viereckig war und aus mehreren Stufen bestand. Ganz oben auf dem Turm befand sich ein Tempel für Marduk. So hieß der Stadtgott der Babylonier. Von dem Turm ist heute nur noch eine gewaltige Grube geblieben.

Außerdem soll es in Babylon wunderschöne, hängende Gärten gegeben haben. Aber niemand konnte richtig belegen, wo die sich befunden haben. Babylon wird eine Stadt voller Geheimnisse bleiben.