Der Weg zum schwäbisch-badischen Duell führt vor allem auf den Bahngleisen nach Bad Cannstatt. Der Verkehrsverbund setzt Sonderzüge ein und hat mit seinem Geschäftsführer ein Paradebeispiel für Fanverständigung.
Stuttgart - Wer am Wochenende mit der Bahn in Stuttgart unterwegs sein will, muss sich auf ein paar Unannehmlichkeiten vorbereiten. Das Stadtbahnnetz ist zwischen Hauptbahnhof und Stadtbibliothek unterbrochen, und die S-Bahnen dürften durch Umsteiger voller als sonst unterwegs sein. Und dann ist da ja noch das schwäbisch-badische Derby, das am Sonntag um 13.30 Uhr in der Mercedes-Benz-Arena angepfiffen wird. Die Karlsruher Fans, gerechnet wird mit über 6000, werden vorwiegend mit der Bahn nach Schwaben unterwegs sein und ihren Verein anfeuern.
Für die Bundespolizei ist der Sonntag daher Großkampftag. Denn es gilt das strikte Prinzip der Fan-Trennung – und da gibt es einige mögliche Berührungspunkte. „Wir werden am Hauptbahnhof, in Bad Cannstatt und an der Haltestelle Neckarpark besonders im Einsatz sein“, sagt Meriam Causev, Sprecherin der Stuttgarter Bundespolizeiinspektion.
Außerdem wird gegen 11 Uhr ein Sonderzug mit 700 Fahrgästen am Bahnhof in Untertürkheim erwartet, von wo aus die Fans des KSC zum Stadion marschieren. Nach dem Abpfiff soll es um 16.27 Uhr zurück nach Karlsruhe gehen.
Zwei Seelen in einer Brust
Und das alles möglichst in geordneten Bahnen. Da ist es besonders bemerkenswert, dass es gerade in der Welt der S-Bahnen und Stadtbahnen ein Paradebeispiel für die badisch-schwäbische Fanverständigung gibt: Horst Stammler – er ist Geschäftsführer des Verkehrs- und Tarifverbunds Stuttgart (VVS). 25 Jahre lang lebte er in Karlsruhe – und verständlicherweise sympathisierte er mit dem KSC. Seit acht Jahren lebt Stammler in Stuttgart. Um seine Fan-Gefühle auszudrücken, bemüht er ein Goethe-Zitat: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.“ Sein Herz schlägt heute also sowohl für den Karlsruher SC, als auch für den VfB Stuttgart. Nachgehakt, wem er am Sonntag den Sieg gönnt, antwortet Horst Stammler: „Beide haben die Punkte bitter nötig. Beim KSC geht es darum, aus der Abstiegszone zu kommen – und der VfB hat beim Thema Wiederaufstieg in den letzten Wochen wichtige Punkte liegen gelassen.“
Ginge es um weniger, würde er aber zu der Mannschaft aus seiner neuen Heimat tendieren. Der Grund dafür ist womöglich, wie er hier behandelt wurde, als er sich noch als KSC-Fan outete: „Die Stuttgarter waren da wirklich sehr tolerant. Außer ein paar Scherzen, die beim Fußball dazugehören, hat es nie Probleme gegeben.“ Als VfB-Fan in Karlsruhe hätte man es schon weniger leicht, ist Stammler überzeugt.
Auch wenn er eine „gesunde, sportliche Rivalität“ bei dem baden-württembergischen Derby nicht verurteilt, findet er klare Worte zu möglicher Randale am Rande des Spielfelds oder in der Stadt: „Das Verhalten von manchen Fans ist beiden Vereinen und einer Stadt wie Stuttgart unwürdig.“
VfB-Fans planen großen Marsch
Würdiger ist da eher der geplante große Marsch der VfB-Fans. Die Ultras vom Commando Cannstatt haben dazu aufgerufen, ganz in Weiß am Sonntag um 11 Uhr vom Cannstatter Bahnhof zum Stadion zu laufen. Die VfB-Profis sollen eine weiße Wand hinter sich wissen.
Die Stuttgarter Polizei hat den Karlsruher Fans einen vierseitigen Brief zukommen lassen, in dem es Hinweise zur Verkehrssituation für Autofahrer gibt. Im Zusammenhang mit dem Bahnprojekt S 21 eingerichteter Großbaustellen und weiteren Baustellen im Neckarpark müssten die Karlsruher Gäste „mit erheblichen Verkehrsbehinderungen rechnen“, heißt es. Horst Stammlers VVS teilt den fußballbegeisterten Fahrgästen aus Nah und Fern mit, dass auch am Sonntag ein Sonderverkehr angeboten wird.
Herzstück ist die Stadtbahnlinie U 11, die alle fünf bis zehn Minuten zur Haltestelle Neckarpark fährt – allerdings ist dieser Weg für Fans mit blauem Trikot eher unangenehm. Die S-Bahn setzt ebenfalls zusätzliche Züge ein – besonders auf der Linie S 1, die an der Station Neckarpark auf der Untertürkheimer Seite hält. Die Fans aus dem Gäu sind allerdings schlechter dran: Die S-Bahnen verkehren nur zwischen Gärtringen und Stuttgart. Wegen Bauarbeiten ist die Strecke nach Herrenberg gesperrt. Allen kann es Horst Stammler eben nicht recht machen.