Ob für Klimaschutz oder gegen das Diesel-Fahrverbot – politische Statements werden nun wieder als Schmuck oder Shirt getragen, wie sich bei der Benefizparty für das Kinderhospiz mit Größen der Stuttgarter Kulturszene gezeigt hat.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Die Kanzlerin hat ihre Sympathien für Fridays for Future bekundet, der grüne Ministerpräsident Vertreter der jungen Protestbewegung zu sich eingeladen. Die Schülerinnen und Schüler, die eine radikale Umkehr für das Klima einfordern, sollten froh sein, wenigstens bei Kultusministerin Susanne Eisenmann anzuecken, die sagt, Demos dürften nicht in der Unterrichtszeit stattfinden.

 

Stell dir vor, da biste gegen die Politikerschar laut, die dir deine Zukunft klaut – und dann machen die auf vertraut, wollen alle kuscheln mit dir.

Künstler Wahl fordert „Freiheit für den Diesel“

Christina Semrau trägt bei ihrer Benefizparty La Fête Privée für das Kinderhospiz in der Bar Note in der Liederhalle ein schwarzes T-Shirt mit weißer Aufschrift: „There is no Planet B“. Schon immer hat die Mode Sprüche der Straße aufgesaugt. Dies kann jetzt nicht anders sein, da der Protest der Jungen immer stärker wird und viele Eltern immer stolzer werden. Zeiten sind dazu da, sich zu ändern. Wenn wir einst gegen das Wettrüsten demonstrierten, hat uns kein Ministerpräsident zum Tee eingeladen.

Die Gastgeberin hat sich für die Party das Shirt im Netz besorgt – Solidarität mit den Jungen steht ihr gut. Mit klaren Worten am Mikro will sie die Diskussion ankurbeln, bevor zum Auftritt von Elvis-Interpret Nils Strassburg getanzt wird.

Die Debatte anheizen – wenn auch aus anderer Richtung – will Gerd Martin Wahl, genannt Monumento. Der Künstler aus Schwäbisch Gmünd trägt beim Fest in der Note eine schwere Kette, die aus sechs großen Buchstaben besteht: „Diesel“. Mit seiner „Aktion Kulturdiesel“ will Wahl „jeden Kulturschaffenden dazu anregen, was für den Diesel zu tun“. Monumento fordert „Freiheit für den Diesel“.

Veränderung fängt erst an, wenn es wehtut

Doch kann es beim Weltretten, ob für bessere Luft oder gegen die Erderwärmung, immer noch mehr Freiheit für alle geben? Die Future-Kids trichtern uns Älteren was anderes ein: Veränderung fängt erst an, wenn es wehtut.

Das Shirt der Gastgeberin und die provokative Diesel-Kette des Künstlers bleiben nicht ohne Wirkung. Bei der Party, von Gesichtern der Zukunft, der tollen Nachwuchsband Leitmotiv, in Schwung gebracht, geht prompt die Frage um, was jeder Einzelne unternimmt, damit der Ozonmantel nicht noch löchriger wird.

Unter den Gästen sind Größen der Stuttgarter Kulturszene, etwa die Intendanten Sebastian Weingarten (Renitenz), Axel Preuß (Schauspielbühnen) und Timo Steinhauer (Varieté), TV-Moderatorin Tatjana Geßler, Kabarettist Klaus Birk, Jazz-Open-Chef Jürgen Schlensog, die Äffle-und-Pferdle-Stimmen Heiko Volz und Volker Lang. Vier wichtige Maßnahmen hört man an der langen Theke der Note: das Auto stehen lassen, weniger bis gar kein Fleisch essen, auf Plastik verzichten und Flugreisen streichen.

Fahren Eltern im Klimakiller SUV ihre Kinder zur Demo?

Was gegen den Klimawandel hilft, scheint jeder zu wissen – doch was wird im Alltag daraus? Wir brauchen noch mehr Shirts und Ketten! Je öfter man sein schlechtes Gewissen spürt, desto eher ist man bereit, ein kleines Rädchen in einer weltweit wichtigen Bewegung zu werden.

Ein Partygast lästert. „Jedes Jahr kaufen sich viele Junge ein neues Smartphone“, sagt er, „ich hab’ mein altes seit sechs Jahren.“ Ein anderer behauptet, dass sich Schüler von den Eltern im Klimakiller SUV zur Demo fahren lassen und auf dem Heimweg mit ihnen die Hamburger-Kette ansteuern. Böse Unterstellungen! Stimmt das etwa? Es stimmt auf jeden Fall, dass es bei Stuttgarter Partys nicht mehr nur darum geht, wer das beste Outfit trägt und wer die besten Selfies macht.

Das Klima geht alle an. Brauchen die Alten die Jungen, damit sie’s endlich auch noch lernen? Der Planet B ist in der Schöpfung nicht vorgesehen.