Wasserstoff gilt für viele als Treibstoff der Zukunft, der allerdings seinen Preis hat, auch weil die Energiekosten für seine Herstellung hoch sind. So geht die zuständige Projektgesellschaft HY Waiblingen davon aus, dass ein kostendeckender Betrieb der Anlage bis auf Weiteres nicht möglich sein wird. Die Stadt Waiblingen, die das Wasserstoffprojekt gemeinsam mit dem Landkreis vorantreibt, hat nun von ihrem Gemeinderat grünes Licht dafür bekommen, das Zukunftsprojekt finanziell zu unterstützen.
Bund steuert rund 5.3 Millionen Euro zu
Vom Jahr 2025 an wird die Stadt für zunächst zehn Jahre insgesamt bis zu rund 5,9 Millionen Euro zuschießen, falls der Betrieb defizitär sein sollte. Ein Vertrag mit dem Landkreis soll regeln, dass die Stadt Waiblingen die Defizitkosten nur dann übernimmt, wenn diese auch tatsächlich angefallen sind. Für den Waiblinger Oberbürgermeister ist das Wasserstoffprojekt trotz der hohen Kosten „eine Chance, die man nutzen sollte, auch wenn man eine gehörige Summe investieren muss“.
Der Bund steuert knapp 5,3 Millionen Euro bei, um im Rems-Murr-Kreis eine Infrastruktur für eine Mobilität per Brennstoffzelle zu schaffen. Der Kreis will laut der Stadt bei der Ausschreibung von Linienbündeln vorschreiben, dass 17 Fahrzeuge mit grünem Wasserstoff betrieben werden. Obendrein werde derzeit eine Ausschreibung des Landkreises für die Bereitstellung und den Betrieb der Tankstelle vorbereitet, die aber erst nach dem noch ausstehenden Vertragsabschluss zwischen der Stadt Waiblingen und dem Landkreis laufen könne, erklärte der Waiblinger Kämmerer Fatih Ozan. Für die Wasserstofftankstelle brauche es eine Konzession, sagte Patrik Henschel vom Fachbereich Stadtplanung – diese werde zunächst für zehn Jahre ausgeschrieben. Bewerben kann sich jeder, der Interesse hat, es handelt sich um eine EU-weite Ausschreibung. Auch die Projektgesellschaft HY Waiblingen wird natürlich zu den Bewerbern gehören.
Elektrolyse teils mit grünem Strom aus Photovoltaikanlagen
Der Elektrolyseur soll teils mit vor Ort erzeugtem Strom aus Photovoltaikanlagen betrieben werden. Laut Frank Schöller, dem Geschäftsführer der Stadtwerke Waiblingen, wird aber auch grüner Strom mit Zertifikaten zugekauft. „Der Elektrolyseur muss ständig betrieben werden, denn wir müssen unsere Kunden rund um die Uhr und unabhängig vom Wetter beliefern können“, sagte Schöller im Gemeinderat. Insofern sei ein Betrieb mit überschüssigem Strom nicht möglich. Den Zukauf kritisierte der SPD-Stadtrat Urs Abelein, der die Zertifikate als „Augenwischerei“ und den Vorgang als „Greenwashing“ bezeichnete. In dieses System einzusteigen, sei ein Fehler, besser sei es da, zunächst auf grünen Strom zu verzichten.
Iris Förster von der Fraktion Grüne, Tier- und Naturfreunde und Tierschutzpartei (Grünt) regte an, das für die Elektrolyse benötigte Wasser nicht der Leitung zu entnehmen, sondern stattdessen im Umfeld der Anlage mehrere Zisternen anzulegen und auf das dort gesammelte Regenwasser zurückzugreifen. Die Verwendung von Regenwasser ist tatsächlich in Betracht gezogen, aber wieder verworfen worden. „Im Regenwasser sind viele kleine Verunreinigungen, die schlecht für die Elektrolyse sind, deshalb müssen wir Leitungswasser verwenden“, sagte Patrik Henschel.
Landrat: Standortvorteil für den Landkreis
Der Kreistag hatte dem Projekt bereits vergangenen Montag in seiner Sitzung in Alfdorf zugestimmt. Die Verwaltung wurde unter dem Vorbehalt, dass die Stadt Waiblingen die Hälfte der Kosten übernimmt, beauftragt, das Vergabeverfahren einzuleiten. Kurzzeitige Irritationen hatte es über die prognostizierten Gesamtkosten von knapp 20 Millionen Euro gegeben. Philipp Rauffmann vom Amt für ÖPNV im Landratsamt machte deutlich, dass man in der Kalkulation für den Betrieb der Buslinien die bei herkömmlichem Betrieb anfallenden Dieselkosten rausrechnen müsse. Diese würden laut jetzigem Stand etwa sechs bis sieben Millionen Euro ausmachen – mit der Tendenz zu steigenden Preisen. Der Landrat Richard Sigel betonte, dass man davon ausgehe, dass am Kreis letztlich maximal sechs bis acht Millionen Euro hängenblieben, man dafür aber ein möglicherweise zukunftsweisendes Projekt realisiere und sich einen Standortvorteil gesichert habe.
Das Wasserstoffprojekt am Standort Waiblingen
Betreiber
Die Projektgesellschaft HY Waiblingen will in Waiblingen sowohl einen Elektrolyseur zur Herstellung von Wasserstoff als auch eine Tankstelle bauen und betreiben. Gesellschafter sind die Stadtwerke Waiblingen, die Firma GP Joule PP5 und die Item Innovations- und Technologietransfergesellschaft.
Herstellung
Ein Elektrolyseur spaltet im Zuge einer chemischen Reaktion Wasser in dessen Bestandteile, in Sauerstoff und Wasserstoff, auf. Für diesen Vorgang verwendet man elektrischen Strom. Der soll zum Teil vor Ort produziert, aber auch zugekauft werden. Am Standort Waiblingen sollen nach den Angaben der HY Waiblingen zunächst rund 259 Tonnen Wasserstoff erzeugt werden, was laut der Projektgesellschaft bei Fahrzeugen einer Reichweite von ungefähr 28 000 Kilometern entspricht. Die am Elektrolyseur entstehende Abwärme soll dann in ein Fernwärmenetz eingespeist werden.