In vier Jahren ist die Reserve von 63 000 000 Euro weg. Die Kosten sind zu hoch, die Einnahmen zu niedrig. Daran wollen der neue Bürgermeister und der Gemeinderat jetzt etwas ändern. Es soll gespart werden, aber auch die Gebühren könnten steigen.

Weissach - Wenn man in Weissach über die Haushaltslage schreibt, muss man üblicherweise mit hohen Zahlen hantieren. Das gilt nach wie vor. Welche Kommune in Deutschland hat schließlich 63 Millionen Euro auf der hohen Kante? Und welche 7500-Einwohner-Kommune bekommt in diesem Jahr immerhin noch 21 Millionen Euro Gewerbesteuer, ein Großteil davon nach wie vor durch das Porsche-Zentrum?

 

Dennoch – so gut die Zahlen klingen, so problematisch ist die Perspektive. Das geht aus dem im Gemeinderat vorgetragenen Finanzbericht für das laufende Jahr hervor. „Wir werden 15 Millionen Euro aus der Rücklage entnehmen“, erklärte der Bürgermeister Daniel Töpfer im Gemeinderat. Anfang 2014lagen dort noch 78 Millionen Euro, nun sind es nur noch 63 Millionen Euro. Und so wird es weiter gehen. „Im Jahr 2018 werden unsere Rücklagen bis auf den Mindestsatz aufgebraucht sein“, erklärte Andreas Pröllochs, der Sprecher der Bürgerliste, dazu. Und das, obwohl außer dem geplanten Anbau an die Ferdinand-Porsche-Gemeinschaftsschule und einem großen Hochwasserbecken keine größeren Investitionen warten.

Warum ist das so? Wieso gibt Weissach so viel Geld aus? Zwar sind die Zeiten von 40, 80 oder gar 100 Millionen Euro Gewerbesteuern im Jahr vorbei, doch 2014 ist der Minusrekord von „nur“ 11,7 Millionen Euro Gewerbesteuer vom Jahr davor wieder deutlich in weite Ferne gerückt. 21 statt geplanter 24 Millionen Euro waren es. Man darf allerdings hier nicht nur ein Jahr betrachten, traditionell wird hier viel hin- und herjongliert, denn hohe Einnahmen in einem Jahr ziehen bekanntlich hohe Abgaben im anderen Jahr nach sich – allein in diesem Jahr muss Weissach daher für das gute Jahr 2012 rund 29 Millionen Euro Umlagen bezahlen.

Tatsache ist: Die Kosten sind über die Jahre gerechnet zu hoch, die sonstigen Einnahmen zu niedrig. Dadurch muss jedes Jahr auf die Ersparnisse zurückgegriffen werden, um die laufenden Geschäfte zu finanzieren. Die Personalausgaben liegen bei 7,3 Millionen Euro – und sind nur deswegen etwas niedriger als geplant, weil durch die hohe Fluktuation im Rathaus viele Stellen unbesetzt geblieben sind im Lauf des Jahres.

Gleichzeitig gibt es aber durch die Ferry-Porsche-Kita nun deutlich mehr Erzieherinnen. Und immerhin 5,5 Millionen Euro kostet die laufende Verwaltung – das sind hohe Summen. Allein der Unterhalt der öffentlichen Gebäude liegt bei fast drei Millionen Euro im Jahr – vor fünf Jahren waren es sogar noch fast fünf Millionen. Die Strudelbachhalle, die Alte Strickfabrik, die Bibliothek in der Zehntscheuer, das Heimatmuseum Flacht – diese teuer gebauten Einrichtungen verursachen hohe Abschreibungen und hohe Betriebskosten. Zumal sie schlicht zu groß und auch nicht voll ausgelastet sind.

Darin sieht der Bürgermeister aber gar nicht die größten Schwierigkeiten. „Wir haben auch ein Einnahmeproblem“, erklärt Daniel Töpfer auf Nachfrage. Über die Jahre gibt es viele Vergünstigungen, Sonderleistungen, niedrige Hallenmieten etwa, niedrige Gebühren. Hier will der neue Verwaltungschef ansetzen, das Sommercamp ist ein erster kleiner Posten, an dem gespart werden soll. Insgesamt hat der Etat ein Defizit von 2,5 Millionen Euro. Bei den Baumaßnahmen wurde schon heruntergefahren, nur fünf statt neun Millionen Euro sind hier eingeplant. So wurde zum Beispiel die Renaturierung des Schlupfbaches geschoben oder die Umgestaltung der Porschestraße.

Es muss also anders gewirtschaftet werden – darauf haben sowohl das Landratsamt als auch die Gemeindeprüfungsanstalt schon seit geraumer Zeit hingewiesen. „Die Gemeinde muss vor allem im Bereich der Gebühren Mehreinnahmen generieren“, heißt es in dem Finanzbericht.

„Wir müssen überdenken, welche Investitionen wir noch umsetzen können“, erklärt daher auch Andreas Pröllochs, der Fraktionschef der Bürgerliste. Es gebe ein strukturelles Problem, dass die Ausgaben deutlich die Einnahmen überschreiten. „Vier Jahre sind eine relativ kurze Zeit, die Lücke zu schließen“, sagt er. Auch der FWV-Fraktionschef Volker Kühnemann erklärt: „Es ist erfreulich, dass unsere Einnahmen gestiegen sind, sie liegen aber deutlich unter den Werten der Jahre nach 2010. Wir müssen dem entgegen wirken.“ Die Kommune habe eine gute Infrastruktur, daher müsse das möglich sein.

Der Bürgermeister Daniel Töpfer selbst hat das Problem erkannt – und will die sogenannte „Kostendeckung“ von Gebühren erhöhen. Sprich: Für Beerdigungen auf dem Friedhof oder die Nutzung von Sporthallen müssen die Weissacher wohl mehr bezahlen. „Weissach hatte einfach zu viel Geld und war hier sehr großzügig“, so seine Analyse. Die Wassergebühren sind etwa mit 1,10 Euro deutlich niedriger als im Schnitt – es müssen aber zwei bis drei Millionen in die Sanierung der Hochwasserbehälter investiert werden. Es geht also um nicht weniger als einen Mentalitätswandel. Alles immer vom Feinsten, und kaum was dafür verlangen – überspitzt gesagt – diese Zeiten sind in Weissach endgültig vorbei.