Die Firma Schnaithmann in Remshalden hat schon alle Lehrstellen besetzt. Zu ihrer Erfolgsstrategie gehört es, jungen Menschen durch Praktika Einblicke zu geben. Dabei kooperiert das Unternehmen auch mit dem Berufsbildungswerk Waiblingen.

Gleich beim ersten Treffen hat es gefunkt. Und so hat Engin Hergül von der Firma Schnaithmann in Remshalden der 19-jährigen Kim Jaser prompt ein Praktikum angeboten. Die junge Frau ist derzeit im zweiten Lehrjahr und lässt sich am Berufsbildungswerk (BBW) Waiblingen zur Kauffrau für Büromanagement ausbilden. Während die Firma Schnaithmann in anderen Berufen bereits Praktikanten des Berufsbildungswerks betreut hat, war Kim Jaser als angehende Kauffrau eine Pionierin.

 

Deshalb stellte Ausbildungsleiter Engin Hergül ein spezielles Programm für sie zusammen. Sechs Abteilungen konnte Kim Jaser während ihres rund 30-tägigen, ersten externen Praktikums kennenlernen – vom Firmenempfang über die Marketingabteilung und die Lehrwerkstatt bis hin zum Einkauf, Vertrieb und dem Produktionsbüro.

Praktische Erfahrung dank der BBW-Übungsfirma

Dass Azubis bei einem Praktikum ein Berufsbild in solcher Breite erleben können, sei selten, berichtet Stephanie Klostermayer. Die Ausbilderin für Büromanagement am Berufsbildungswerk nennt das „einen Idealfall“. Unvorbereitet kam Kim Jaser freilich nicht zur Firma Schnaithmann. Einiges Wissen hatte sie sich bereits in der Übungsfirma angeeignet, die das Berufsbildungswerk eigens für seine Azubis betreibt. Dort können sie vieles über die freie Wirtschaft lernen – möglichst realitätsnah, aber dennoch in einem geschützten Raum.

„Im Einkauf habe ich aus der Übungsfirma schon viele Abläufe gekannt. Neu war für mich aber, dass die bestellten Sachen tatsächlich ankommen“, erzählt Kim Jaser und lacht. Die erste Zeit allein in der fremden Firma sei ziemlich aufregend gewesen. „Am Anfang war ich schon etwas überfordert, aber nach ein, zwei Wochen habe ich mich gut eingelebt.“ Der Ausbildungsleiter Engin Hergül kennt diese anfängliche Schüchternheit nur zu gut, denn jedes Jahr absolvieren rund 100 junge Menschen ein mehrtägiges Praktikum im Grunbacher Unternehmen. Das kostet die Firma Geld und Zeit und bedeutet viel Arbeit für die drei Vollzeitausbilder, die Schnaithmann sich leistet.

Ausbilder informieren an den Schulen

„Viele Firmen fragen uns, wie wir es schaffen, dass wir alle unsere Lehrstellen schon im Frühjahr besetzt haben“, erzählt Engin Hergül und beantwortet die Frage mit dem nächsten Satz: „Im Januar und Februar waren wir jede zweite Woche in Schulen und haben unseren Betrieb vorgestellt.“ Außerdem halten er und seine Kollegen Kontakt zu Lehrkräften und bieten Bewerbungstrainings für Jugendliche an. Unternehmen müssten da mit der Zeit gehen, findet Engin Hergül. 50 Prozent der Lehrlinge bei Schnaithmann seien als Praktikanten ins Haus gekommen: „Wir müssen das machen, um Bewerber zu bekommen, die Lust haben.“

Bei kleinen Firmen fehle es dafür allerdings an Personal, räumt der Ausbildungsleiter ein. Als der gelernte Industriemechaniker vor 17 Jahren in Grunbach anheuerte, hatte die Firma 80 Mitarbeitende und beschäftigte drei Auszubildende. Vor vier Jahren wechselte Hergül von der Montage in die Ausbildungsabteilung der Firma, deren Belegschaft auf rund 300 Beschäftigte angewachsen ist. 40 davon sind Auszubildende.

Manche Unternehmen haben Berührungsängste

Das sei schon eine Hausnummer, sagt Engin Hergül über die Zahl der Nachwuchskräfte. Diejenigen, welche Schnaithmann zur Fachkraft für Metalltechnik ausbildet, besuchen seit Jahren die Johannes-Landenberger-Schule, die Sonderberufsschule des BBW. Die Jugendlichen profitierten dort von kleineren Klassen und einer intensiven Betreuung, sagt der Ausbildungsleiter.

Die Berührungsängste, die Beatrix Koberstein von der Öffentlichkeitsarbeit des Berufsbildungswerks bisweilen bei Unternehmen erlebt, die noch nie mit dem BBW kooperiert haben, sind bei Schnaithmann also kein Thema. Umso mehr, als Engin Hergül in seiner Tätigkeit als Prüfer bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) immer wieder Azubis des Berufsbildungswerks Waiblingen vor sich sitzen hat: „Ich sehe da keine Unterschiede, das sind ganz normale Azubis.“

Bei einem „Fachkräfte-Frühstück“ am 18. April können interessierte Unternehmen unverbindlich das Berufsbildungswerk Waiblingen und seine Azubis und Ausbilder kennenlernen. „Wir wollen Firmen Mut machen, mit uns zusammenzuarbeiten“, sagt Beatrix Koberstein.

Lieblingstätigkeit neu entdeckt

Für Kim Jaser war das Praktikum auf jeden Fall ein Gewinn. Besonders die Arbeit im Produktionsbüro fand sie spannend: Speditionsanfragen bearbeiten, Unterlagen ausfüllen, Hotelübernachtungen und Flüge für Monteure buchen. „Das wäre mein Ding“, sagt die 19-Jährige, für die es nach den Osterferien zurück ins BBW geht. „Aber am liebsten würde ich hierbleiben.“

Fachkräfte-Frühstück im Berufsbildungswerk Waiblingen

Treffen
Am Donnerstag, 18. April, bietet das Berufsbildungswerk (BBW) Waiblingen in der Steinbeisstraße 16 Unternehmen die Gelegenheit, bei einem gemeinsamen Frühstück BBW-Azubis und Ausbilder kennenzulernen – und dabei möglicherweise Fachkräfte zu finden. Das Fachkräfte-Frühstück findet in der Zeit von 8 bis 13 Uhr statt. Anmeldung bis zum 10. April per E-Mail an folgende Adresse: bbw-infotag@bbw-waiblingen.de.

Hausführungen
 Im Zuge der Veranstaltung gibt es auch Führungen durch die Einrichtung. Sie beginnen um 9, 10 und 11 Uhr im Foyer.