Bei den Deutschen Coursing-Meisterschaften in Großerlach-Grab starten rund 300 Windhunde. Den Vierbeinern ist es völlig wurscht, wie die Rennen ausgehen, sie sind immer zufrieden – die Besitzer nicht unbedingt.

Rems-Murr/ Ludwigsburg: Martin Tschepe (art)

Großerlach - Im Großerlacher Teilort Grab liegt der Hund begraben. Das jedenfalls behaupten Spötter. An diesem letzten Sommerwochenende indes muss man klipp und klar sagen: stimmt nicht.

 

Rund um die Graber Schwalbenflughalle ist der Teufel los. Wohin man auch schaut: Hunde, Herrchen und Frauchen. Viel sind mit Wohnmobilen hergefahren und bleiben mehrere Tage. Ungezählte Tierfreude sind mit ihren Windhunden von weit her angereist zu diesen Deutschen Meisterschaften im Coursing. Sie kommen aus dem Hohen Norden, aus dem Osten und manche auch aus dem Ländle, so wie Ulrike und Bernd Müller.

Bewertet werden auch Intelligenz und Geschicklichkeit

Bei den Wettbewerben geht es nicht in erster Linie darum, dass die Hunde schnell rennen – was sie alle augenscheinlich sehr gut können. Die Preisrichter bewerten zusätzlich zum Tempo auch die Jagdleidenschaft, die Intelligenz, die Geschicklichkeit und die Kondition der Tiere.

Samstagnachmittag. Die dicken Wolken haben sich verzogen, die Sonne lacht vom Himmel. Am Start stehen Haley, fünf Jahre, und J.D., dreieinhalb Jahre. Aufgeregt? „Nein, gar nicht“, sagt Bernd Müller und grinst breit. Klar seien die Hunde aufgeregt, „voll mit Adrenalin“, erklärt der Mann aus Winnenden. Ihm und seiner Frau Ulrike gehört J.D., der kräftig an der Leine zieht und endlich starten will. Was die beiden Buchstaben bedeuten sollen? Wisse er auch nicht, antwortet Bernd Müller, der alle Mühe hat, seinen Hund mit dem glänzend schwarzen Fell festzuhalten. Die Züchterin habe den Namen ausgesucht.

Kommando „Start“ – und schon geht es ab wie die Post

J.D.s Gegner in diesem Lauf, Haley, zieht ebenfalls wie narrisch an der Leine, die Monika Twilling gerade so noch halten kann. Der Schiedsrichter brüllt das Kommando „Start“, und schon geht es ab wie die Post. J.D. und Haley rennen wie von der Tarantel gestochen los – immer dem sogenannten Hasen hinterher. Diese Hasenattrappe besteht aus Kunststoffbändern und einem Hasenfell, sie wird von einem fast 1000 Meter langen Drahtseil blitzschnell im Kreis gezogen. Die Windhunde hetzen dem Fell hinterher – und die drei Punktrichter schauen mit Argusaugen zu. Welcher der beiden Hunde besser abschneidet, das, sagt Bernd Müller, könne er jedenfalls nicht vorhersagen. Er müsse halt geduldig abwarten, bis zur Siegerehrung am Abend.

Ulrike Müller hat vor dem ersten von zwei Läufen erklärt, dass sie sehr zufrieden wäre, wenn ihr J.D. unter die ersten Zehn käme. Nachdem der Hund, der bereits deutscher Schönheitschampion ist, nach dem ersten Lauf aber auf Platz sieben liegt, wird ihr Ehrgeiz geweckt. „Vielleicht wird er ja sechster“, hofft Ulrike Müller. Das wäre für einen Windhund wie J.D., der eigentlich auf Schönheit getrimmt ist, eine super Leistung. Was man jedoch bei Windhunden unter Schönheit versteht, darüber kann man trefflich streiten. Bernd Müller sagt, zurzeit seien schmale Gesichter und ein langes Fell gefragt. Aber das könne sich auch ganz schnell wieder ändern.

Die Hundebesitzer sprechen von Sucht

Wer sich nach den Rennen mit den Hundebesitzern unterhält, der bekommt immer wieder die Worte Sucht und Virus zu hören. Auch Helmut Schmidt vom Veranstalter, dem Windhund-Rennsportverein Sachsenheim, sagt, fast jeder, der sich einen Windhund kaufe, wolle ganz schnell weitere. Der Mann, der in Grab wohnt und von dem viele sagen, er bringe alles zum Laufen, nicht nur Tiere, hat vier Windhunde.

Zu vorgerückter Stunde werden die Sieger gekürt. J.D. landet auf Platz neun. „Nur neunter“, sagt Ulrike Müller. Dem Vierbeiner indes ist das Resultat völlig wurscht. Wie alle anderen Windhunde ist auch J.D. am Abend nach dem Wettkampf ausgepowert – aber ganz offenkundig sehr zufrieden.

Topspeed Tempo 70

Veranstalter
Der Windhund-Rennsportverein Solitude Sachsenheim wurde im Jahr 1961 gegründet. Der Club hat rund 40 Mitglieder und bangt zurzeit um sein gepachtetes Gelände. Die Meisterschaften wurden auf einem Areal in Grab aufgetragen, das der Firma Noller gehört.

Windhunde
gehören zu den schnellsten Landtrieren der Welt. Sie schaffen Tempo 70.