Nach langer Debatte ringt die Verwaltung der skeptischen Fellbacher Gemeinderatsmehrheit die Zustimmung ab: Es kommt zum umstrittenen Verbot von Wohnungen im Areal südlich der Siemensstraße. Die Stadt will aber Alternativen suchen.

Fellbach - Es bleibt dabei: Im künftigen, 13 Hektar umfassenden Gewerbegebiet Siemensstraße – dem letzten für diesen Zweck noch vorhandenen Großareal in Fellbach – sind „betriebsbezogene Wohnnutzungen“ nicht zugelassen. Das bedeutet, dass dort weder Hausmeisterwohnungen noch Domizile für Firmeninhaber möglich sind. Die Stadtverwaltung setzte sich mit dieser Position gegen erhebliche skeptische Stimmen im Gemeinderat durch.

 

Das Thema hatte bereits vor einigen Wochen im Bauausschuss heftige Debatten ausgelöst

Allerdings wurde die Baudezernentin Beatrice Soltys vom Lokalparlament verpflichtet, bis zum Jahresende darzulegen, auf welchen neuen Gewerbearealen in Fellbach derartige Wohnmöglichkeiten beispielsweise für Inhaber kleinerer Handwerksgeschäfte möglich sind.

Das Thema hatte bereits vor einigen Wochen im Bauausschuss heftige Debatten ausgelöst, die Argumente wiederholten sich jetzt. Der Ausschluss von Betriebswohnungen bedeute, „dass kleine Handwerker durchs Raster fallen“, beklagte der CDU-Fraktionschef Jörg Schiller. Wer sich den Schritt in die Selbstständigkeit überlege und viel Privatvermögen einsetzen müsse, verzichte unter diesen Bedingungen wohl darauf.

Dass Betriebsinhaber in Gewerbegebieten wohnen, „war landauf, landab Usus“, erinnerte Thomas Seibold (Freie Wähler/Freie Demokraten) an frühere Zeiten. Sein Fraktionschef Ulrich Lenk erklärte, Bauplätze für Kleinbetriebe samt Wohnmöglichkeiten seien „für die Leute eine Frage der Existenz, das muss man unter einen Hut kriegen“. Er wie auch weitere Redner rügten die Baudezernentin Soltys, die entgegen ihrer Ankündigung im Ausschuss nun doch keine Alternativideen vorgelegt habe. „Es wundert mich, dass Sie jetzt sagen, das könnten Sie nicht in zwei Wochen aus dem Hut zaubern.“

Derartige Wohnareale gibt es bereits weiter östlich an der Fellbacher Straße beziehungsweise sind in der Nähe in der Mache

Die Rathausspitze hielt dagegen. Die Oberbürgermeisterin Gabriele Zull betonte, dass man in letzter Zeit „sehr viel über Wohnbebauung gesprochen“ habe, doch nun gehe es darum, Flächen für Gewerbe anzubieten. „Wir wollen doch leistungs- und zukunftsfähige, innovative Unternehmen“, dazu gehörten „auch kleinere und Handwerks-Betriebe“. Zugleich wies sie jedoch auf die Gefahren bezüglich des Lärmschutzes hin, da „das Wohnen die Ansiedlung von Unternehmen extrem einschränkt“. Auch im Fellbacher Stadtgebiet gebe es ehemalige Betriebswohnungen, die mittlerweile eine Ansiedlung von Gewerbe unmöglich machten.

Beatrice Soltys ergänzte, es sei ein „sehr komplexes Verfahren, was es heute heißt, auf der grünen Wiese bauen zu wollen“. Der Gesetzgeber mache knallharte Vorgaben. Und gerade dieses größte zusammenhängende Gewerbegebiet Siemensstraße sei „extrem anspruchsvoll“. Es gehe um das „Schutzbedürfnis der Menschen dort“, weshalb es wesentliches Thema sei, „dass der Lärm nicht ins künftige Wohngebiet hineinströmt“.

Auch der Erste Bürgermeister Johannes Berner gesellte sich ins Abwehrbollwerk gegenüber der Ratsmehrheit

Derartige Wohnareale gibt es bereits weiter östlich an der Fellbacher Straße beziehungsweise sind in der Nähe in der Mache, außerdem auch nördlich der Siemensstraße in der längerfristigen Planung. Umso mehr gelte dies, wenn es sogar Wohnungen im Gewerbegebiet geben sollte. Das würde die Neuansiedlung so einschränken, dass „kaum noch Firmen möglich wären, die etwas intensiveren Fahrverkehr haben“.

Die von diversen Räten verlangten Erläuterungen zu den erwünschten Handwerkerwohnungen „schüttelt man nicht in ein paar Wochen aus dem Ärmel“ beziehungsweise „aus der Hüfte“. Deshalb „sage ich Ihnen bewusst keinen Stichtag zu“, wann die verlangten Infos vorliegen, betonte Beatrice Soltys. „Wir brauchen im Zweifel Gutachten, und ich möchte das sauber und fundiert vorlegen.“

Die nächste Debatte zu diesem Thema folgt also im späteren Herbst

Auch der Erste Bürgermeister Johannes Berner gesellte sich ins Abwehrbollwerk gegenüber der Ratsmehrheit. Als früherer Wirtschaftsförderer des Landkreises mit der Materie sehr vertraut wisse er, „da ist ein ganz enormes Risiko für die Neuansiedlung von Betrieben, dass sie scheitern wegen der Lärmrisiken“. An die Räte gewandt warnte er: „Sie haben es in der Hand, ob Produktion in Fellbach möglich ist oder nicht.“

Unterstützung erhielt die Verwaltung von SPD-Sprecher Andreas Möhlmann. Er betonte, dass „wir die Siemensstraße entwickeln wollen und müssen, wenn wir der Wirtschaft noch Flächen bieten wollen“. Und man sollte durch diese Wohnungsoption nicht den Weg „für Firmen verbauen, die auch mal mehr Arbeitsplätze bieten“.

Oberbürgermeisterin Gabriele Zull sagte immerhin zu, dass „wir im Ihnen im Oktober oder November Flächen vorstellen, wo dies in Fellbach vereinbar ist“. Damit gab sich die Mehrheit im Gremium zufrieden und segnete wie von der Verwaltung erhofft die Aufstellung des Bebauungsplans ab. Die nächste Debatte zu diesem Thema folgt also im späteren Herbst.