Klimaneutral ist diese WM sicher nicht, allen Beteuerungen zum Trotz. Schon angesichts der vielen Fans, die in Nachbarländern übernachten und zu den einzelnen Partien anreisen. Der Grund: In Katar stehen zu wenige Betten zur Verfügung.

Vier Kilometer ist der Flughafen in Doha vom Zentrum der katarischen Hauptstadt entfernt. Von hier aus starten und landen täglich Hunderte Maschinen. Doha ist ein Drehkreuz für Flüge aus Europa nach Südostasien. Wer hier ankommt, fliegt häufig weiter. Es geht in Richtung Bangkok, Manila, Mumbai, auf die Malediven – es sei denn, es ist Fußball-WM in dem Land am Persischen Golf, zwischen Wasser und Wüste. Dann schweben täglich viele Flugzeuge mit Fans an Bord ein, die ihre Unterkünfte in den Nachbarländern Katars gebucht haben, in Bahrain etwa, im Oman oder in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

 

Rein ins Land, raus aus dem Land

Das Emirat Katar hat zu wenige Hotelzimmer, um allen anreisenden Fußballfans ein Dach über dem Kopf anbieten zu können. Nur wenig mehr als 30 000 Betten stehen in Doha zur Verfügung. Das reicht vorne und hinten nicht aus. Also hat sich die Regierung Katars entschieden, Fan-Villages aus dem Boden zu stampfen: Containersiedlungen für Fußballfans mit wenig Komfort. Doch auch damit ist die Nachfrage nach Übernachtungsmöglichkeiten nicht befriedigt.

Für die Fans, die trotzdem eingeflogen kommen, geht es nach den Spielen wieder flugs zum Flughafen. Rein in den Flieger, zurück nach Bahrain, in den Oman, nach Dubai. Der Energieaufwand, um die WM in Katar auszurichten, ist gewaltig. Der edle Rasen auf Hunderten Spiel- und Trainingsplätzen, auf dem man womöglich auch prima golfen und putten könnte, muss in der Wüstenlandschaft intensiv bewässert werden. Die gewaltigen Flutlichtanlagen auf den Trainingsplätzen in Doha sind teilweise die ganze Nacht in Betrieb, obwohl auf den Feldern niemand trainiert, niemand zu sehen ist. Die Stadien werden heruntergekühlt.

Infrastruktur überfordert

Klimaneutral dürfte die WM vor diesem Hintergrund nicht sein. Allen Beteuerungen zum Trotz, da hilft auch der Hinweis auf die kurzen Wege zwischen den acht Stadien nicht. Denn da der Verkehr auf den teils zehnspurigen Routen, die die Hauptstadt durchschneiden, auch nachts noch immens ist, brauchen Busse für 15 Kilometer Weg häufig eine Stunde oder mehr. Etwas schneller ist man in Dohas nagelneuer Metro unterwegs. Rund um die Spiele sind aber auch die U-Bahnen auf den drei Linien angesichts des Andrangs oft überfordert.

Der Deutsche Fußballbund (DFB) selbst organisiert 24-Stunden-Trips von Dubai nach Katar und zurück. So flogen 120 deutsche Anhänger für die Spiele gegen Japan und Spanien ein und in der Nacht wieder aus. Fanvertreter wie Philipp Beitzel von der vom DFB unterstützten Fanbotschaft in Doha gehen davon aus, dass bislang 7000 bis 9000 deutsche Fans nach Katar gereist sind. Das wären deutlich weniger als bei vorangegangenen Turnieren, wo es gut und gerne pro Spiel bis zu 40 000 waren.

Ob nun auf den Fanmeilen in Doha oder in der Stadt – deutsche Fans sieht man kaum. Etwa 8000 Deutschlandunterstützer waren bei der 1:2-Pleite gegen Japan im Stadion. Darunter Max Schröder aus Freiburg und Oliver Speer aus Aalen. Sie tragen Trikots, halten schwarz-rot-goldene Fahnen in den Händen. „Wir fühlen uns wohl hier, alles gut“, sagte Schröder. Sie haben Tickets nur für dieses Spiel ergattert. Fünf Tage dauert der Trip nach Katar inklusive Ab- und Abreise. Als die Deutschen gegen Spanien kicken, sind die beiden schon wieder zu Hause.

Die Stimmung? Zurückhaltend

Die Stimmung in den Stadien in Katar sei anders als in Deutschland. Zurückhaltender. Ob das an den alkoholfreien Zonen liegt, dem Bierverbot? „Keine Ahnung“, sagt Oliver Speer. „Wir vermissen das Bier nicht. Ich akzeptiere, dass wir uns hier in einem anderen Kulturkreis befinden.“ Auf ihre Reise ins Emirat haben sie sich gefreut. Obwohl auch sie der WM kritisch gegenüberstehen. „Aber so schlimm, wie es in Deutschland gemacht wird, ist es hier nicht.“

Das sieht auch Manfred Fleger so, ein sogenannter Groundhopper aus Donauwörth. Leuten wie ihm geht es darum, in möglichst vielen Stadien bei Spielen dabeizusein. Er hat Tickets für insgesamt 15 Spiele erworben, etwa für Brasilien gegen Serben im Lusail Stadion. Fleger trägt ein Shirt mit VfB-Stuttgart-Emblem. „Der VfB ist mein Verein. Den Fußball liebe ich aber generell“, sagt der 56-Jährige und lächelt. Ein kühles Bierchen zum Spiel fehlt auch ihm nicht. „Das tangiert mich überhaupt nicht“, sagt Fleger: „Ich trinke kein Bier.“