Verkehrsminister Hermann macht sich ein Bild davon, wie das Unternehmen von Joachim Wünning daran forscht, Mobilität auf der Basis von Biogas zukunftsfähig zu machen.
Renningen - Die ersten Versuche, nachhaltige Autos für die Zukunft mit einer Brennstoffzelle zu produzieren, gehen bis in die 1960er Jahre zurück. 1966 brachte General Motors das erste Wasserstoff-Fahrzeug auf den Markt – es blieb ein Testobjekt. 1994 stellte Daimler-Benz das erste Brennstoffzellenauto vor: Die Brennstoffzelle wandelt Wasserstoff und Sauerstoff in Wasser um. Dabei entsteht elektrische Energie, die einen Elektromotor antreibt.
Ein großer Nachteil: Die nötigen Anlagen zur Stromerzeugung füllten den gesamten Laderaum des Transporters aus, der heute im Museum steht. Wir schreiben das Jahr 2021, und es gibt noch keinen einzigen Autohersteller, der einen Wasserstoff-PKW in großer Serie produziert.
Ist aus Biogas gewonnener Wasserstoff zukunftsfähig?
Joachim Wünning hat schon vor 20 Jahren in Renningen die Firma WS Reformer gegründet und forscht daran, wie aus Biogas gewonnener Wasserstoff für die Mobilität zukunftsfähig gemacht werden kann. Und das CO2-neutral. „Doch es war nicht der Start, den man sich erhofft hatte“, sagt Joachim Wünning.
Was den 57-jährigen Unternehmer und Forscher nicht davon abhielt, weiter an seinen eigens entwickelten Transformer zu glauben, der mit Hilfe eines Dampfreforming-Verfahrens den Wasserstoff aus dem Biogas gewinnt. Er freute sich, dass das Mobilitätsthema mit Wasserstoff Anfang der 2000er Jahre wieder etwas Fahrt aufnahm, als Brennstoffzellen-Busse getestet und für dieses Projekt Tankstellen installiert wurden. „Da steckten unsere Reformer drin“, sagt Joachim Wünning.
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Jetzt könnte der promovierte Ingenieur aus dem derzeitigen Wahlkampf zur Landtagswahl Baden-Württemberg am 14. März als Gewinner hervorgehen. Nein, Joachim Wünning kandidiert nicht für eine Partei. Mit seinem Geschäftspartner war er in diesen Tagen aber Gastgeber einer Delegation des Grünen-Kandidaten Peter Seimer, der momentan im Wahlkreis Leonberg für sich selbst die Werbetrommel rührt. Seimer hatte der Firma schon vor einigen Wochen einen Besuch abgestattet, war schwer beeindruckt von der Technologie und drängte daraufhin den Verkehrsminister von Baden-Württemberg, Winfried Hermann (Grüne), sich diesen Betrieb auch mal anzuschauen.
Testlauf startet im Mai
Nicht ohne Grund. Denn ab Mai wird im Zollernalbkreis im Netz des landeseigenen Verkehrsunternehmens Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) ein mit Wasserstoff betriebener Zug den Testlauf starten. Er fährt dann auf den Schienen zwischen Hechingen, Gammertingen und Sigmaringen. Wasserstoff als klimafreundliche Alternative zum Dieselzug? „Es bewegt sich was“, sagte Winfried Hermann, der zuvor nichts von Wünnings Forschungen in der Renninger Dornierstraße wusste. „Ich kann Ihnen Kontakte zur SWEG vermitteln“, sagte er und tauchte mit dem Unternehmer in Fachgespräche ein.
Joachim Wünning war natürlich hoch erfreut, dass er seine Netzwerke nun weiter ausbauen kann. „Wenn man künftig in der Region Wasserstoff-Busse einsetzen würde, könnte man unsere Anlagen strategisch gut dort aufstellen, wo bereits Biogasanlagen existieren. Das wäre auch eine regionale Wertschätzung“, sagte er und ließ seine Gedanken schon in die Zukunft schweifen. Für Wünning ist die Erzeugung von „Grünem Wasserstoff“ bislang ein reines Hobby. Sein Geld verdienen er und sein Geschäftspartner Martin Schönfelder mit energiesparenden und schadstoffarmen Brennersystemen für Industrieöfen. Die Firma WS Wärmeprozesstechnik hatten deren Väter 1982 gegründet.
Wünning bekommt den deutschen Umweltpreis
Für die Entwicklung einer flammenlosen und energieintensiven Verbrennungstechnik, Flox-Verfahren genannt, bekamen Joachim Wünning und sein Vater Joachim Alfred im Jahr 2001 vom damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff den deutschen Umweltpreis überreicht und erhielten 250 000 Euro. Im Vergleich zu anderen Techniken ermöglicht das Flox-Verfahren deutliche Emissionsminderungen. „Wer Brenner für die Stahlindustrie produziert, muss aber in die Zukunft schauen“, sagt Wünning.
Bis 2050 will die Europäische Union klimaneutral werden. Die Stahl- und Chemiebranche sind dadurch massiv unter Druck geraten. Entweder sie investieren kräftig in treibhausgasarme Produktionsverfahren, oder sie verschwinden vom Markt.