Yuicery, Lässig und Der Föhrich mit Label Vegan, bio, regional – warum sich nur wenige Lokale um ein Siegel bemühen

Zu 100 Prozent vegan: Geschäftsführer Oliver Neuzerling (links) und Philipp Weber von der Yuicery präsentieren ihre Produkte. Foto: LICHTGUT/Max Kovalenko

Die Yuicery hat als erstes Lokal in Stuttgart und erste Systemgastronomie das Vegan-Label erhalten. Auch Restaurants mit Bio-Siegel oder der „Schmeck den Süden“-Plakette wie Lässig oder Der Foehrich sind eine Seltenheit. Der Grund: sie kosten Zeit und Geld.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Regionale Produkte auf der Speisekarte versprechen heutzutage fast alle Gastronomen. Aber ob sie deshalb tatsächlich Kartoffeln aus dem Remstal auf der Speisekarten haben oder damit den Einkauf beim nächst gelegenen Großhändler meinen, lässt sich kaum nachprüfen. Dabei gibt es eine Reihe an Labels, aber nur wenige ausgezeichnete Lokale: Mit dem Lässig und der Speisekammer West befinden sich beispielsweise nur zwei Bio-Lokale in der Stadt. Den Umweltcheck des Hotel- und Gaststättenverbands oder das Label Greentable hat sich kein Gastronom geleistet. Drei Lokale dürfen sich mit der Schnecke von Slow Food schmücken, sieben sind bei der Kampagne der Landesregierung dabei, die unter dem Slogan „Schmeck den Süden“ Produkte aus Baden-Württemberg auf die Speisekarten bringt. Die Fastfood-Kette Yuicery hat neuerdings ein Alleinstellungsmerkmal: das V-Label.

 

Yuicery ist 100 Prozent vegan

Fast zwei Jahre und einen stattlichen Betrag hat Oliver Neuzerling sein Siegel gekostet. „Es ist für mich eine Herzensangelegenheit“, erklärt der Gründer und Geschäftsführer der Stuttgarter Fastfood-Kette Yuicery seine Investition. Als erste Systemgastronomie hat Yuicery das V-Label erhalten. Das einheitliche Gütesiegel der Europäischen Vegetarier-Union garantiert, dass die in dem Lokal verkauften Speisen und Getränke durch und durch vegan sind. Mehr als 300 Artikel, die in seinem Lokal zu Bowls und Säften verarbeitet werden, mussten von der Produktion bis zur Lieferung überprüft werden, dass sie den Vorschriften entsprechen. Jedes neue Angebot auf der Speisekarte muss den gleichen Prozess durchlaufen, jeder Mitarbeiter erhält eine Schulung. Inspektoren des Verbands überprüften die Speisenzubereitung, die Lagerung und sogar die Reinigung. „Wir geben den Kunden damit die 100-prozentige Sicherheit“, sagt Oliver Neuzerling.

Für den Unternehmer ist es auch eine Investition in die Zukunft: Er will mit der veganen Fastfood-Kette nach München, Düsseldorf und Frankfurt expandieren und im Bereich Betriebsverpflegung neue Shops eröffnen. Momentan befinde er sich noch in einer Nische, erklärt der 32-Jährige, „aber unsere Zielgruppe wächst gerade heran“. Trotzdem prangt das V-Label nun nicht groß im Lokal – denn auf manche Kunden könnte es abschreckend wirken. „Ich persönlich halte rein pflanzlich für die beste Ernährungsform, aber ich will niemanden belehren“, betont Oliver Neuzerling.

Lässig seit 2010 schon bio

„Es kostet“, sagt Melanie Urban über das Bio-Zertifikat für ihr Restaurant Lässig. Und sie hat auch gleich ein Beispiel parat: Ein Kilogramm konventionelle Hühnerbrust ist für elf bis zwölf Euro zu haben, sie bezahlt 40 Euro dafür. Auf drei Mal so teuer schätzt sie ihren Wareneinsatz. Um das Label zu erhalten, müssen 95 Prozent ihrer Zutaten aus biologischer Herstellung stammen. Kontrolleure überprüfen regelmäßig unangemeldet ihre Lager. Außerdem muss sie mit einer geringeren Auswahl klar kommen, denn nicht jedes Lebensmittel ist ständig in Bio-Qualität erhältlich.

Wenn sie sich selbstständig macht, muss es etwas Außergewöhnliches sein, war für Melanie Urban immer klar. Sie ist „mit dem ganzen Bio-Background aufgewachsen“, hat das 2010 von ihrer Vorgängerin eröffnete Restaurant vor drei Jahren übernommen. Es gibt offensichtlich genug Gäste, die bereit sind, für das Siegel auch mehr Geld für ihre Essen zu bezahlen. „Es gibt ein Umdenken“, sagt die 40-Jährige: Bio breitet sich immer weiter aus, der Anteil im Lebensmittelhandel steigt kontinuierlich, in der Gastronomie rechnet sie auch damit. Mit zwei Missverständnissen muss die Köchin allerdings nach wie vor kämpfen: „Bio bedeutet nicht gleich Grünkernbratling und auch nicht vegan“, betont sie, „wir sind ein ganz normales Restaurant.“ Mit dem Label gesund hat Melanie Urban dagegen keine Probleme, denn sie verbindet es mit Genuss. Die Bio-Zutaten sorgen ihrer Meinung nach nicht nur für einen besseren Geschmack, sie sind für den Körper auch besser zu verarbeiten.

Der Foehrich ist durch und durch schwäbisch

Aus Überzeugung hat sich auch René Wagner vor einigen Jahren der Kampagne „Schmeck den Süden“ angeschlossen: „Wir sind ein schwäbisches Restaurant“ lautet seine Erklärung, wieso er so viele Produkte wie es ihm möglich ist aus Baden-Württemberg bezieht. Jährlich werden seine Lieferscheine, die Lagerräume und das Angebot überprüft. Seine Gäste würden die Qualität und die kurzen Lieferwege zu schätzen wissen. Bei „Der Foehrich“ sind die Maultaschen, die Kässpätzle oder die Schweinefiletmedaillons Stuttgart mit zwei von drei möglichen Löwen des Labels ausgezeichnet, weil 90 Prozent der Zutaten aus dem Südwesten stammen.

Seine Kartoffeln bekommt der Gastronom aus Leonberg, Mehl, Eier, Gemüse, Obst und das Schweinefleisch ebenfalls aus dem Land. Deshalb müsse er 16,90 Euro statt 11,90 Euro fürs Schnitzel verlangen. Fürs Rindfleisch konnte er keinen regionalen Lieferanten finden, der es vor dem Verkauf vier Wochen reifen lässt, deshalb setzt er argentinisches ein. Auch seine Maishähnchenbrust kommt von weiter her, mit einem heimischen Stück würde das Gericht statt 21,20 Euro etwa 32,90 Euro kosten. „Es ist eine Messerschneide“, sagt René Wagner über die verschiedenen Siegel: „Als Wirt muss man seinen Gästen gerecht werden und schauen, dass der Laden läuft.“

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