Zehn Jahre AfD Alternative für Demagogie

Längst Geschichte: AfD-Gründer Bernd Lucke. Foto: imago stock&people/imago stock&people

In den zehn Jahren ihres Bestehens hat die AfD sich als destruktive politische Kraft etabliert. Sie hat die Demokratie erschüttert, das Land gespalten. Die Radikalisierung steckt in ihrer DNA, meint StZ-Autor Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Die AfD ist eine sonderbare Partei – für erstaunlich viele attraktiv, doch gleichermaßen abstoßend. Das zeigt schon ihr Jubiläum. Andere Parteien würden bei dieser Gelegenheit ihren Gründern huldigen. Bei der AfD sind aber nur noch wenige der Gründer mit von der Partie. Vier der sieben bisherigen Parteivorsitzenden haben ihr in den vergangenen zehn Jahren – frustriert bis entsetzt – den Rücken gekehrt.

 

Ungeachtet aller berechtigten Vorbehalte handelt es sich aber um ein politisches Erfolgsprojekt: Die AfD ist die erfolgreichste Parteineugründung rechts der Mitte seit Bestehen der Bundesrepublik. Binnen weniger Jahre hat sie sich flächendeckend im parlamentarischen System eingenistet und avancierte in manchen Bundesländern gar zur stärksten politischen Kraft, wenn man aktuellen Umfragen glauben darf.

Ausgerechnet Angela Merkel, die als Kanzlerin den Aufstieg der AfD fatalerweise zu ignorieren versucht hat, war eine Geburtshelferin dieser Partei. Merkels angeblich „alternativlose“ Politik schürte die Nachfrage nach einer Alternative. Die Radikalisierung war der AfD in die Wiege gelegt, da Querdenker dort seit den Anfängen beheimatet waren. Sie wurde von Querdenkern gegründet, verstand sich stets als Hort kompromissloser Rechthaberei und eines notorischen, wenn auch bloß eingebildeten Besserwissertums. Als Alternative für Euroskeptiker gestartet, wandelte sie sich in eine Alternative für Fremdenhasser und Putin-Freunde. Der Traum von Jörg Meuthen, einem der gescheiterten Vorsitzenden, die AfD könnte als „konservative Rechtsstaatspartei“ reüssieren, ist längst zerstoben. Tatsächlich wurde die AfD zu einem Albtraum für verfassungstreue Demokraten.

Die Grünen, erfolgreichste Parteigründung links der Mitte, haben 16 Jahre gebraucht, um in sämtlichen Parlamenten der Republik Fuß zu fassen. Die AfD, in vielerlei Hinsicht ihr Gegenmodell, hat das in einem Drittel der Zeit geschafft. Sie profitierte von sämtlichen Krisen, die Deutschland seitdem zu durchstehen hatte, wurde zum Sammelbecken der vermeintlichen Verlierer und tatsächlich Verbiesterten: vom drohenden Euro-Kollaps über die Massenzuwanderung bis zur Pandemie und den ökonomischen Kollateralschäden des Krieges in der Ukraine. Im Osten wähnt sie sich auf dem Weg zur Volkspartei – was vor allem die Frage aufwirft, warum Demagogie dort so populär ist.

Auf dem Weg in den Extremismus weit vorangekommen

Eine Zwischenbilanz nach zehn Jahren: die AfD hat das Land gespalten, die Demokratie erschüttert und radikale Phrasendrescherei in den Parlamenten etabliert. Mit ihr wurde zwar nicht salon-, aber doch plenarsaalfähig, was zuvor nur an Stammtischen zu hören war. Aus dem Elfenbeinturm der Demokratietheoretiker mag es so aussehen, als habe sie eine „Repräsenationslücke“ gefüllt und dem frustrierten Kleinbürgertum ein Forum geboten. Tatsächlich aber ist die AfD als Institution der Intoleranz Gift für eine liberale Demokratie – darüber kann auch der Verweis auf europäische Nachbarländer nicht hinwegtrösten, wo es an vergleichbaren Parteien nicht mangelt.

Der AfD wohnt ein destruktives Momentum inne, das sich letztlich auch gegen sie selbst richten könnte. Sie ist zur Radikalisierung verdammt, da jede Bereitschaft, Regierungsverantwortung zu übernehmen, jenen Großteil des Anhangs verprellen würde, dem an den Beschwernissen konstruktiver Politik gar nicht gelegen ist, erst recht nicht an Kompromissen und an einer programmatischen wie auch rhetorischen Zivilisierung. Insofern ist der Weg in den Extremismus, auf dem die Neopartei schon weit vorangekommen ist, nur konsequent.

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