Es droht Streik in den drei Häusern der Stiftung Liebenau im Kreis Böblingen. Die Stiftung will bei der Entlohnung ihrer Mitarbeiter einen eigenen Weg gehen, die Gewerkschaft Verdi pocht auf einen Tarifvertrag.
Böblingen Meckenbeuren - Am Martinstag waren 50 Mitarbeiter aus den Häusern der Stiftung Liebenau zum Hauptsitz nach Meckenbeuren im Oberland gefahren und hatten ein Ultimatum gestellt. Wenn binnen zwölf Tagen kein Signal zur Rückkehr an den Verhandlungstisch vorliege, werde die Gewerkschaft Verdi zum Streik aufrufen. Die Stiftung Liebenau ist eine katholische karitative Einrichtung und betreibt in Böblingen, Ehningen und in Weil im Schönbuch Altenheime mit rund 150 Plätzen. Insgesamt hat die Stiftung rund 7700 Mitarbeiter und ist in mehreren Ländern Europas unterwegs.
Zwei Jahren Verhandlung
Seit nunmehr fast zwei Jahren verhandelt die Stuttgarter Gewerkschaft Verdi mit der Einrichtung. Eigentlich ist bei katholischen Unternehmen die Entlohnung klar geregelt. Der Lohn wird gemäß den AVR, den Arbeitsvertragsrichtlinien, der Caritas bezahlt. Der wiederum richtet sich nach dem Lohn, den der TVöD vorsieht, der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst. Nun hat die Stiftung Liebenau ihre Beschäftigten in mehrere Gesellschaften aufgeteilt. Einige sind der AVR, also der kirchlichen Entlohnung unterworfen, andere Gesellschaften bezahlten, wie die Gewerkschaft sagt, einen niedrigeren Tarif. Liebenau spricht dagegen von „eigenständigen Vergütungsregelungen in einzelnen Unternehmen.“
Ziel der Verhandlungen sei es gewesen, die Beschäftigten in allen Gesellschaften gleich zu bezahlen. Doch an diesem Ziel hatte man sich bisher die Zähne ausgebissen. Weil die Verhandlungen nun abgebrochen sind, droht die Gewerkschaft, die Häuser zu bestreiken und arbeitet gerade mit der Belegschaft einen Notdienst aus.
Das Scheitern der Verhandlungen begründet die Stiftung Liebenau damit, dass die Gewerkschaft ihre Forderungen immer weiter in die Höhe geschraubt habe. Der Gewerkschaft ging es zuletzt um die Corona-Prämie, die nach ihrer Darstellung das Scheitern der Verhandlungen heraufbeschworen habe. „Die Mitarbeiter der Stiftung haben, wie alle anderen Pflegekräfte auch, in der Krise hervorragende Arbeit geleistet und haben einen moralischen Anspruch auf die Prämie“, sagt der Stuttgarter Gewerkschaftssekretär Marc Kappler.
Die Stiftung will den dritten Weg gehen
Weil die Gespräche abgebrochen wurden, kündigte die Stiftung an, den so genannten dritten Weg zu gehen, was bedeutet, vom ersten Januar an die Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas in allen Liebenau-Gesellschaften einzuführen und die Gewerkschaft außen vor zu lassen. Damit wären zumindest die Ungerechtigkeiten innerhalb der Belegschaft beseitigt. Die Pressesprecherin Helga Raible von Liebenau schreibt, es werde die „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ (GrO) übernommen. Das heißt, „es gelten die Arbeitsvertragsrichtlinien der Caritas (AVR) und die Altersversorgung.“ Dazu sei jedoch noch ein Beschluss des Aufsichtsrates nötig, außerdem muss der Verwaltungsrat der Diözese Rottenburg-Stuttgart und des Bischofs Gebhard Fürst den Schritt genehmigen.
Die Gewerkschaft ist jedoch skeptisch; nicht nur, weil den Mitarbeitern die Corona-Prämie flöten geht. „Nach zwei Jahren Verhandlungen glauben wir nicht, dass die Geschäftsleitung die AVR so einfach umsetzt“, sagt Marc Kappler. Verdi sei, sagt Kappeler, nur dann bereit, den Streikaufruf abzublasen, wenn die Gewerkschaft eine rechtlich bindende Erklärung der Geschäftsleitung zu den AVR in den Händen halte. Ansonsten gehe die Belegschaft auf die Straße.