2003 dann die Krise. Das schlechte Ergebnis bei der Bundestagswahl 2002, der Todessprung des Jürgen Möllemann, Resignation. Aber Westerwelle konnte sich behaupten. Und er suchte, nachdem er über Jahre Koalitionsaussagen vermieden hatte, wieder die Nähe zur Union unter ihrer Chefin Angela Merkel, mit der er glaubte, ein Reformbündnis schmieden zu können. 2004 erzielte er mit der von ihm eingefädelten Wahl von Horst Köhler zum Bundespräsidenten einen Achtungserfolg. 2005 ging die FDP gestärkt aus der Bundestagswahl hervor, aber für Schwarz-Gelb reichte es noch nicht. Westerwelle schlug das Angebot aus, mit SPD und Grünen eine Ampel zu bilden und wählte während der ersten großen Merkel-Koalition die Opposition. Das zahlte sich aus. Nach einem Wahlkampf, der radikal auf das Versprechen zugespitzt war, Steuern zu senken, feierte Westerwelle 2009 mit 14,6 Prozent seinen größten Triumph. Es war das beste FDP-Ergebnis aller Zeiten. Und es war zugleich der Beginn seines Niedergangs.

 

Westerwelle ging davon aus, Merkel sei die Reform-Kanzlerin geblieben, die sie 2005 war. Aber die Kanzlerin macht Fehler meist nur einmal. Und sie hatte nun mal die Erfahrung gemacht, dass das Leipziger Programm der CDU sie politisch fast den Kopf gekostet hätte. Außerdem änderte die Finanzmarktkrise 2008 in ihrer Denkwelt viele Vorzeichen. Westerwelle vertraute ihr dennoch und ließ sich auf einen windigen Koalitionsvertrag ein. Außerdem griff er, entgegen dem Rat vieler, nicht nach dem Finanzressort. Stattdessen wurde er Außenminister. Ein Amt, das zwar hohe Beliebtheitswerte verheißt, aber kaum Zugriff auf innenpolitische Debatten ermöglicht. Die Folge war, dass die FDP kaum ein Wahlziel durchsetzen konnte. Westerwelle musste den Vorsitz 2011 an Philipp Rösler abgeben, der Niedergang der FDP und das Ausscheiden aus dem Bundestag war aber nicht mehr zu verhindern. Immerhin gewann Guido Westerwelle am Ende als Außenminister an Statur, auch wenn es einer zweiten Amtszeit bedurft hätte, um im Außenamt bleibende Spuren zu hinterlassen.

Mit Westerwelle geht einer der leidenschaftlichsten Politiker, einer, dessen Streitbarkeit fehlen wird. Ein Mann von überragendem politischem Talent, dessen größter Fehler war, wie ein Getriebener mit immer neuen Zuspitzungen um Anerkennung und Respekt zu buhlen. Ohne zu merken, dass er sich beides bei vielen längst erarbeitet hatte.