Anzeige

Finanzen

Ein Wechselbad der Gefühle für alle Gewerbetreibenden

Nach der Öffnung der Läden gilt nun das Kaufen mit vorheriger Anmeldung. Handel und Kunden leben mit einem Auf und Ab.

Ein Wechselbad der Gefühle für alle Gewerbetreibenden

Optischer Hilfeschrei des Handels: Das Leo-Center leuchtet rot. Foto: Jürgen Bach

Die Geschäftswelt erlebt in diesen Tagen ein nervenaufreibendes Auf und Ab: Am 8. März durfte der Handel in Leonberg und in weiten Teilen des Altkreises wieder komplett öffnen. Nur eine gute Woche später dann die erneute Hiobsbotschaft für die Händler: Die Inzidenzwerte waren mehr als drei Tage über 50. Das Landratsamt muss die völlig unbegrenzte Öffnung wieder zurücknehmen. Ein Versuch von Landrat Roland Bernhard, den kompletten Kreis zur Modellregion mit offenen Läden zu deklarieren, wird vom baden-württembergischen Sozialministerium abgelehnt.Der Besuch der Geschäfte ist zwar weiterhin möglich, allerdings müssen sich die Kunden vorher telefonisch, per Mail oder im Internet anmelden.

Das aktuelle Hin und Her mit allen Verunsicherungen für Kunden und Geschäftsleute ist symptomatisch für ein Wechselbad der Gefühle, das nun schon seit mehr als einem Jahr anhält. Ein Rückblick:

Es ist der 16. März 2020, als das Wibbel-Team seiner Kundschaft „schweren Herzens“ mitteilt, dass das Geschäft „auf vorerst unbekannte Zeit“ geschlossen bleiben muss. Damit ist der Herrenausstatter das erste Unternehmen in Leonberg, das den Direktverkauf einstellt – noch einen Tag vor dem offiziellen Inkrafttreten des Lockdown in Baden-Württemberg. Aus der unbekannten Zeit werden sieben Wochen, im Mai geht es für die Läden, Dienstleistungsbetriebe und Friseure weiter. Etwas später dürfen auch Restaurants, Bars und Cafés wieder öffnen, alle unter strengen Hygiene- und Abstandsauflagen.

Doch mit den Öffnungen kehrt die heimische Geschäftswelt keineswegs in den Normalzustand zurück. Die Menschen müssen Masken tragen, viele Kunden sind noch verunsichert, und selbst zahlreiche Gewerbetreibende erkundigen sich immer wieder beim Leonberger Citymanagement, was sie dürfen und was nicht oder fragen im Rathaus nach den Finanzhilfen, die freilich von Bund und Land kommen.

Die Stadt hilft mit ihren Mitteln: Bei der von Wirtschaftsrat und Citymanagement kreierten Kampagne „Leonberg bringt’s“ stellen heimische Betriebe ihre Dienstleistungen, Angebote und Services in kompakter Form vor: Allein 27 Mal erscheinen die Sonderseiten in der Leonberger Kreiszeitung und im Wochenblatt, das an alle Haushalte im Altkreis geht. Die zur Kampagne gehörende Homepage verzeichnet hohe Klickzahlen.

OFFENES HERZ FÜR DIE KUNDEN

Um den besonders hart getroffenen Lokalen zu helfen, erteilt die Stadt Leonberg als erste in der Großregion – noch vor Stuttgart und Karlsruhe – unbürokratisch Genehmigungen für mehr Außengastronomie und schiebt die Sperrzeit um eine Stunde nach hinten. Im Sommer geht das städtische Veranstaltungsmanagement mit dem neuen Festivalformat „Leonpalooza“ an den Start: Konzerte und Kleinkunst über vier Wochen vor jeweils maximal 200 Zuschauern auf dem Vorplatz der Stadthalle. Das Sommerprogramm schlägt voll ein.

Auch die deutlich erweitere Außengastronomie wird gut angenommen. Nicht nur Stühle und Tische rund um den Marktplatz sind voll. Die Leonberger und ihre Gäste genießen laue Sommernächte. Fast, so scheint es, ist ein Hauch unbeschwerte Normalität zurückgekehrt.

Der Rückschlag kommt im Spätherbst. Angesichts steigender Inzidenzwerte muss am 2. November die komplette Gastronomie wieder schließen. Den Lokalen bleibt lediglich der Außer-Haus-Verkauf. Bei den meisten klaffen Aufwand und Ertrag weit auseinander. Die Stadt nimmt ihre „Leonberg bringt’s“-Kampagne wieder auf.

Sechs Wochen später, mitten in der entscheidenden Phase des Weihnachtsgeschäftes, muss auch der Handel wieder dicht machen. Die Kunden dürfen laut Corona-Verordnung noch nicht einmal Ware bestellen und in den Läden abholen. Den verzweifelten Händlern bleibt nur die Option, bestellte Artikel direkt ins Haus zu liefern.

Leonbergs Oberbürgermeister Martin Georg Cohn äußert sich in einem Interview mit der Leonberger Kreiszeitung kritisch über den Total-Lockdown und befürchtet gravierende wie langfristig negative Auswirkungen auf das gesellschaftliche Leben. Derweil hat die Leonberger Citymanagerin Nadja Reichert eine neue Imagekampagne am Start: „Offen für Euch“ – ein Versprechen, das nicht nur die Öffnung der Leonberger Betriebe signalisiert, sondern auch die geöffneten Arme, mit denen unsere Einzelhändler, Gastronomen und Dienstleister ihre Kunden empfangen. Gerade in diesen nicht einfachen Zeiten. slo
  

View is not found