Florian Schroeder liebt Baden, kämpft gegen die allgegenwärtige Schwäbisierung und feiert das Landesjubiläum schon aus Prinzip nicht mit. Klar, dass sein Glückwunschschreiben eigentlich hinter die Paywall müsste.

Ich kann gar nicht sagen, wie hoch das Honorar der Stuttgarter Zeitung sein müsste, dass ich diesen Text als Süd-Badener hier überhaupt schreibe. Nun wissen wir alle, wie es ums Print-Geschäft steht, darum bin ich nachsichtig und tue es auch ohne Gage. Aber nur, wenn ich vor der Paywall bleibe, Ihr geldgeilen Schwabensäcke!

 

Dass Baden beim großen Jubeltag am 27. April ohnehin vergessen wurde, weil keine Organisation aus Baden mit der Orga betraut war – geschenkt. Das kennen wir nicht anders. Wir wollten diese seltsame Fusion aus Württemberg und uns, den Guten, ohnehin nie – schon vor 70 Jahren nicht. Und wer jetzt eine Schwäbisierung Baden-Württembergs befürchtet, den entschuldigt nicht einmal die Gnade der späten Geburt. Von der Existenz des Badeners weiß nördlich von Mannheim keine Sau mehr. Als Exil-Badener in Berlin werde ich notorisch zum Schwaben erklärt – ich kämpfe mit langen Monologen für die Entschwabifizierung Badens. Bis heute erfolglos.

Aus Tradition diskriminiert

Baden darf sich traditionell diskriminiert fühlen und erfüllt damit eine der wichtigsten Existenzberechtigungen überhaupt. Das Problem ist: Baden weiß von diesem Diskursvorteil nichts. Spätestens ab dem Mittagessen ist zu viel Gutedel im Spiel, um noch nüchtern beleidigt zu sein. Baden weiß, dass es ein Geheimtipp ist und will das auch bleiben. Gibt es eigentlich schon einen eigenen Lonely Planet-Reiseführer, um diesen Zustand schnellstmöglich zu ändern?

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Ich liebe mein Baden – und zwar darum: Der einzige echte Nazi-Ministerpräsident, Hans Filbinger, kam hierher, Boris Becker, der alte Steuertrickser ebenso, und auch der Ex-RAF-Terrorist Christian Klar. Und dann noch Xavier Naidoo, der nun vom Mainstream bekehrte mutmaßliche Ex-Verschwörungsideologe, der Jesus des 21. Jahrhunderts, der pünktlich zu Ostern wiederauferstanden ist. Das macht nichts besser und alles schlimmer, weil er wieder Musik machen dürfte. Was ist schlimmerer Terror? Die RAF, Nazis oder ein christlich-fundamentalistischer Heulbojen-Einzeltäter aus Mannheim?

Eine Frage, die wohl nur die ARD-Zuschauer in einer Online-Abstimmung nach einer entsprechenden Ferdinand von Schirach-Verfilmung beantworten können.

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Ein Badener unter Schwaben

Auftritt
Wenn am 27. April das Landesjubiläum in Stuttgart groß gefeiert wird, tritt Florian Schroeder wo auf? Natürlich in Baden-Baden.

Karriere
Der 42-jährige Kabarettist stammt aus Lörrach. Einige wichtige Karriereschritte verdankt er allerdings schon den Württembergern. Im zarten Alter von 14 Jahren hatte er seinen ersten Fernsehauftritt in „Schmidteinander“ beim Nürtinger Harald Schmidt. Später wurden sechs Folgen seiner Late-Night-Kabarett-Sendung „Schroeder!“ im Stuttgarter Theaterhaus aufgezeichnet. Heute lebt Schroeder in der zweitgrößten schwäbischen Stadt Prenzlauer Berg.