Ohne dazu beauftragt zu sein, haben Abschlepp-Sheriffs Hunderte Fahrzeuge nachts von privaten Stellplätzen abgeschleppt und bei den Besitzern abkassiert. Nun wurde ein Unternehmer erstmals zu einer Haftstrafe verurteilt.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Der Geschäftsführer eines Stuttgarter Abschleppunternehmens ist am Mittwoch wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Erpressung zu einer Haftstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass der Unternehmer eigenmächtig und ohne Auftrag der Eigentümer geparkte Autos von privaten Stellplätzen abschleppen ließ – und dann von den Betroffenen zwischen 250 und 285 Euro erpresste. Unsere Zeitung hatte den Fall ins Rollen gebracht.

 

Der 32-Jährige hatte laut Urteil seine Fahrer angewiesen, auf dem ehemaligen Opel-Staiger-Gelände im Nordbahnhofviertel sowie auf der Stuttgart-21-Baustelle im Bereich Wolfram- und Londoner Straße Fremdparker abzuschleppen und zum Firmensitz im Gewerbegebiet Fasanenhof zu bringen. Angeblich hatten eine Nürtinger Baufirma beziehungsweise die Bahn AG entsprechende Aufträge erteilt. Doch diese Firmen bestritten vehement solche Verträge.

Geständnis bringt einen Bonus

Wie bei dem Amtsgerichts-Prozess am Mittwoch bekannt wurde, sollen auf diese Weise zwischen Januar 2017 und Januar 2018 insgesamt etwa 640 Fahrzeuge unberechtigt abgeschleppt worden sein. Angeklagt wurden aber lediglich 59 Fälle mit einem Schaden von mehr als 14 000 Euro. Dem zunächst nicht geständigen Angeklagten drohte wegen Erpressung und Betrugs der Gang ins Gefängnis.

Nach einem zweistündigen Verständigungsgespräch hinter den Kulissen einigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung auf einen Deal: Es gibt ein Geständnis und die Rückzahlung des Schadens an die Opfer – und dafür bleibt die Haftstrafe unter zwei Jahren, so dass sie noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann. Der 32-Jährige ist nun nicht mehr Geschäftsführer der Abschleppfirma.