Der Berliner Künstler Tucké Royale, der zu den Protagonisten der Initiative #Actout gehörte, wird bald mehrere Wochen in Ludwigsburg verbringen – mit einem ungewöhnlichen Auftrag im Gepäck.

Ludwigsburg: Susanne Mathes (mat)

Einen spannenden neuen Stadtschreiber bekommt Ludwigsburg: Der Berliner Autor Tucké Royale wird diesen Titel bald tragen dürfen, wie die Stadt jetzt bekannt gegeben hat. Mit der Förderung der Wüstenrot Stiftung wurde nach 2018 und 2020 erneut das Stipendium ausgelobt. Tucké Royale wird im Frühjahr und Sommer mehrere Wochen in der Barockstadt zu Gast sein.

 

Tucké Royale gehörte vergangenes Jahr zu den 185 lesbischen, schwulen, bisexuellen, queeren, nicht-binären und Trans-Schauspielerinnen und -Schauspielern, die sich bei der Initiative #Actout geoutet und mehr Anerkennung in Theater, Film und Fernsehen gefordert hatten – mit der Initiative und einem gemeinsamen Manifest stießen sie eine breite Debatte an.

Auseinandersetzung mit Ludwigsburg und der Welt

Der 1984 in Quedlinburg geborene Künstler wurde von einer Fachjury aus fünf vorgeschlagenen Autorinnen und Autoren nominiert. „Neben der erkennbar großen Bereitschaft, sich mit der Stadt Ludwigsburg auseinanderzusetzen, wurden auch der Zugang zum diesjährigen Leitthema sowie die literarische Qualität der Werke bewertet“, erklärt die Stadtverwaltung in einer Pressemitteilung. Tucké Royale arbeitet als Autor, Regisseur, Musiker und Schauspieler. Er studierte Judaistik an der Freien Universität Berlin und Puppenspielkunst an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch. Seine Solo-Stücke „Tucké Royale“ und „Ich beiße mir auf die Zunge und frühstücke den Belag, den meine Rabeneltern mir hinterließen“ wurden international gezeigt.

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2015 schuf Royale den Zentralrat der Asozialen in Deutschland und tritt seitdem als dessen Erster Sprecher für die NS-Verfolgten ein. Gemeinsam mit Hans Unstern und Black Cracker gründete Royale „2016 Boiband“. Er schreibt Texte für Theater, etwa für das Maxim Gorki Theater in Berlin, aber auch für Filme, in denen er wie im queeren Heimatfilm „Neubau“ selbst auch die Hauptrolle übernimmt. Das Hörspiel „The revolution will be injected“von Orlando de Boekens, Tucké Royale und Hans Unstern, eine Produktion von Deutschlandfunk Kultur, wurde im Mai 2020 zum Hörspiel des Monats gekürt.

Neue Chancen im digitalen Raum

In der Begründung der Jury – sie setzt sich aus Christine Lehmann (Verband deutscher Schriftsteller Baden-Württemberg), Elisabeth Schweeger (Direktorin Akademie für Darstellende Kunst Baden-Württemberg), Frederik Skorzinski (Literaturhaus Freiburg), Thomas Stierle (Leitung Stadtbibliothek Ludwigsburg), Lorenz Wesemann (Deutsches Literaturarchiv Marbach) und der Juryvorsitzenden Petra Bewer (Vorstand des Vereins Buchkultur) zusammen – heißt es zu Royales Wahl: „Als Stadtschreiber von Ludwigsburg ist zu erwarten, dass er bezüglich der Thematik ,Neue Gemeinschaften/Digitale Narrative’ nicht über sich schreibt, sondern vielmehr ausloten möchte, was in der analogen Welt an Teilhabe nur marginal möglich ist, im digitalen Raum aber neue Chancen hat, der Selbstbestimmung einen erweiterten Raum zu geben und auch Fragen zu stellen, ob der digitale Raum zwangsläufig unbedingt Beschleunigung bedeutet und nicht vielmehr auch für Entspannung sorgen kann.“

Tucké Royale werde in Ludwigsburg neue Wege des Literarischen und seiner vielfältigen Möglichkeiten aufzeigen, so die Jury. Das verspreche „eine tatsächliche Bereicherung“ zu werden.