Die landeseigene Akademie Schloss Solitude zieht Konsequenzen aus einem offenen Brief, in dem sich aktive und ehemalige Stipendiaten kritisch zu Israel geäußert und dabei auch antisemitische Argumente verwendet hatten. „Jede Form von Diskriminierung, einschließlich Antisemitismus, wird an der Akademie kritisch geprüft und sanktioniert“, betont Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) in einer Antwort an die Landtags-FDP. „Das kann bis zum sofortigen Ende des Stipendiums führen.“ Derzeit entwickele die Akademie einen Verhaltenskodex, der von allen Mitarbeitenden, Stipendiaten und Partnern unterzeichnet werden soll; dann gelte er als verbindliche Richtlinie.
Im Fall des offenen Briefes gibt es jedoch offenbar keine Sanktionen gegen die Unterzeichner. Diese hätten im Gespräch mit der Akademieleitung betont, dass sie ihre Kritik „nicht als antisemitisch verstanden“ wissen wollten, berichtet Olschowski; zugleich hätten sie ihre Trauer über die israelischen Opfer des Überfalls am 7. Oktober ausgedrückt. Laut Ministerium kritisierte der Brief die israelische Politik in Gaza und verwendete dabei „für einen israelbezogenen Antisemitismus typisches Vokabular“. Hingegen fehle eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Nahost-Konflikt und eine „unmissverständliche Verurteilung des Terrors der Hamas“.
FDP-Abgeordneter zweifelt an Sinneswandel
Die Unterzeichner wollten das Schreiben sogar über die offiziellen Kanäle der Akademie verbreiten lassen, was diese als unmöglich ablehnte. Auf Geheiß des Ministeriums veröffentlichte die Akademie auf ihrer Webseite eine Stellungnahme, ohne zunächst deren Anlass offenzulegen. Darin heißt es, man sei „zutiefst besorgt über die jüngste Eskalation der Gewalt“ im Nahen Osten. Der Terrorangriff der Hamas auf die Zivilbevölkerung sei erschütternd und zu verurteilen: „Wir sind gegen jede Verherrlichung solcher Taten.“
Die FDP-Fraktion zeigte sich mit der Antwort der Ministerin nur teilweise zufrieden. Der Abgeordnete Stephen Brauer äußerte sich irritiert, dass der offene Brief für die Unterzeichner ohne Konsequenzen bleibe. Dazu müsste „ohne jeden Zweifel“ geklärt sein, dass sie die Inhalte nicht mehr verträten. Ein „Hoppla, so wollten wir gar nicht verstanden werden“ reiche ihm nicht aus. Zugleich bedauerte es Brauer, dass der geplante Verhaltenskodex überhaupt notwendig werde. Von den Stipendiaten sei „eine klare Orientierung an den Werten des Grundgesetzes und ein Bewusstsein für die historische Verantwortung Deutschlands“ schon bisher zu erwarten gewesen. Er hoffe, dass der Kodex dies für die Zukunft noch deutlicher mache, so der Liberale.