Von den Fans sehnlichst erwartet, ist im Berliner Alexander Verlag der neueste Band der Ross-Thomas-Edition erschienen. „Der Fall in Singapur“ ist Thomas’ einziger Mafia-Roman. Ein Gespräch mit dem Verleger Alexander Wewerka.

Lokales: Hans Jörg Wangner (hwe)

Stuttgart - „Gegen den Rat einiger schlauer Krimi- und Buchexperten“ hat sich der Berliner Verleger Alexander Wewerka einst entschlossen, dem legendären amerikanischen Krimiautor Ross Thomas eine ganze Edition zu widmen. Soeben ist als 20. Band „Der Fall in Singapur“ erschienen – zur großen Freude der Fans. Ein Gespräch über den Autor, über die Krimibestenliste und über Jörg Fauser.

 

Herr Wewerka, Glückwunsch zu Band 20 Ihrer Ross-Thomas-Edition. Für einen kleinen Verlag ist das eine riesige Leistung. Hätten Sie beim Start im Jahr 2005 gedacht, dass Sie überhaupt soweit kommen?

Gedacht ja, aber nicht sicher geglaubt! Allerdings: Nach neun Bänden einer Jörg-Fauser-Werkausgabe mit einem Abschlussband von über 1600 Seiten Umfang und mittlerweile 36 Jahren (Klein-)verlagsgeschäft bin ich wohl endgültig zäh wie eine Schuhsohle.

Sie sind durch Jörg Fauser auf Ross Thomas gekommen. Wie war das damals?

Ich habe von Jörg Fauser zwei oder drei begeisterte und begeisternde Artikel über Ross Thomas gelesen – den ich bis dahin nicht kannte, habe mir daraufhin eine antiquarische Ausgabe besorgt, fand das Buch, trotz einer bescheidenen und in die Jahre gekommenen Übersetzung sehr gut, habe mir das zweite besorgt – und danach alle 25. Die habe ich als frischgebackener Vater dann in einem Sommerurlaub am Stück in schlaflosen Nächten verschlungen und habe mich danach, gegen den Rat einiger schlauer Krimi- und Buchexperten für eine Neuausgabe seines grandiosen Werks entschieden. Wenn schon, denn schon! Und überhaupt, was macht ein sogenannter »Kleinverleger« im besten Fall? Große Sachen!

In der Hauptsache verlegen Sie in Ihrem Alexander Verlag Kunst- und Theaterbücher. Was bedeutet Ross Thomas für Sie persönlich?

Ross Thomas, ebenso wie Charles Willeford, Jörg Fauser, Chester Himes, Jan Wolkers, Louis Paul Boon u.a. sind meine Verbindung in die Welt abseits von Bühne und Leinwand.

„Der Fall in Singapur“ ist Thomas‘ einziger Mafia-Roman – unterscheidet ihn sonst noch etwas von den anderen Büchern der Reihe?

Nicht sehr viel, der coole Ton, die Ironie, der Witz und die teils beißend-knappe Figurenzeichnung – alles schon da. Er spielt nicht nur in den USA, sondern zur guten Hälfte in Asien, aber das trifft auch auf einige andere seiner Bücher zu. Die beiden Hauptfiguren tauchen nur in diesem Buch auf, im Gegensatz zu den vier Büchern mit McCorkle und Padillo oder den drei Büchern mit Artie Wu und Quincy Durant. Und seine späteren Bücher sind noch expliziter politisch in den Beschreibungen der Abgründe der US-amerikanischen Realität.

In der Fachpresse wird die Ross-Thomas-Edition euphorisch gefeiert – schlägt sich das auch im Verkauf nieder?

Etwas schon, aber leider nicht so, wie wir es uns natürlich nicht nur wünschen, sondern vor allem auch benötigen. Leider liegen seine Bücher nicht in jeder Buchhandlung, nicht einmal in den meisten und nur die »guten Buchhandlungen« sind zu wenige. Aber dafür gibt es dort die echten Fans und wirklich treuen Seelen!

Welche Rolle spielt die Krimibestenliste, in die bisher drei Thomas-Romane kamen?

Ehrlich gesagt, ärgere ich mich über diese Liste immer öfter: mehrmals wurden die neuen Ross-Thomas-Ausgaben mit der Begründung abgelehnt, dass es »nur« Neuausgaben seien. Dass wir die Bücher neu übersetzen lassen und sie erstmals mit dem vollständigen Text erscheinen und das oft nach 20 ,30, manchmal sogar 40 Jahren, zählt nicht genug. Hier gehen Formalien vor Qualität und das ist als (literarisches) Kriterium absurd.

Wann rechnen Sie mit Band 25, der die Reihe beschließt?

Ein Band pro Jahr scheint presse- und buchhandelstechnisch der bessere Rhythmus zu sein, mir wären zwei pro Jahr lieber. Auf jeden Fall fehlen noch fünf Titel.

Wird es noch ein Supplement geben – sagen wir, mit Thomas‘ Drehbüchern zur Vorabendserie „Simon & Simon“?

Die Idee gibt es schon länger und auch schon reichlich tolles Material, genug fast für zwei Bücher. Aber so etwas ist sehr teuer (allein die Übersetzungskosten) und dagegen stehen die Verkaufschancen – das mussten wir mit unserer Manchette-Noir-Ausgabe schmerzhaft lernen – „Was, kein Krimi, kein Roman? Kein Interesse!“

Herr Wewerka, vielen Dank für dieses Gespräch.