Honigschleudern, Kerzenziehen, Blick auf Blühflächen: Das Waiblinger Bieneninformationshaus Alvarium feiert seinen zehnten Geburtstag.

Es war eine gewagte Idee, die der Stettener Wolfgang Schultz in die Tat umsetzte. Der damalige Vorsitzende des Bezirksimkervereins Waiblingen und Umgebung wollte ein Bieneninformationshaus schaffen, in dem Mitglieder aller sechs Imkervereine des Rems-Murr-Kreises über die fleißigen Krabbler und ihren Nutzen informieren. Entstanden ist auf stadteigenem Grund das sogenannte Alvarium, das an diesem Freitag ohne besonderen Festakt seinen zehnten Geburtstag feiert.

 

Den finanziellen Teil des Wagnisses milderte die Stiftung der Kreissparkasse Waiblingen ab, indem sie die Baukosten von 37 000 Euro übernahm. Seither trägt der federführende Waiblinger Imkerverein die Aufwendungen für Instandhaltung des Holzhauses, Pflege der Außenanlagen, Strom und Versicherung. Ein Wagnis war aber auch der Gemeinschaftsgedanke des Alvariums. Nicht jeder Imker ist daran interessiert, am anderen Ende des knapp 860 Quadratkilometer großen Rems-Murr-Kreises für Bienen und deren Bedeutung im Naturhaushalt zu werben. Den Kreis der Mitstreiter einigermaßen geschlossen zu halten, war eine der jährlich wiederkehrenden Herausforderungen für die Alvarium-Betreuer des Waiblinger Imkervereins.

An Besuchern mangelt es nicht

An Besuchern mangelt es dem Bieneninformationshaus nicht. Nur kurz mussten während der Coronapandemie die beiden wesentlichen Säulen, also die regelmäßigen öffentlichen Infotage und die meist kostenlosen Gruppenführungen, unterbrochen werden. Für Letztere gilt der Schmidener Reinhold Uetz als Idealbesetzung. Der 71-Jährige ist nicht nur Imker mit jahrzehntelanger Erfahrung, sondern als ehemaliger Biologie- und Chemielehrer der Schmidener Hermann-Hesse-Realschule auch wissenschaftlich sowie pädagogisch ausgebildet.

Seit 2016 – so weit reicht seine persönliche Statistik zurück – haben Uetz und die kleine Schar weiterer Alvarium-Führer 175 Gruppen mit 2050 Besuchern begleitet. Meist sind es Kindergärten und Grundschulen, aber auch Landfrauen, Naturfreunde, Rotarier und andere Naturinteressierte. „Vor den Ferien häufen sich die Termine“, sagt der beim Fellbacher Nabu ebenfalls aktive Uetz, denn dann stehen oft Projektwochen mit Bezug zu Natur und Umwelt auf dem Lehrplan.

Nicht nur dafür hat Uetz einen großen Fundus von Anschauungsobjekten zusammengetragen. Mit Ebrima Sillah hat auch schon mal ein Minister aus Gambia im Jahr 2019 per Sonderführung in englischer Sprache die Eignung professioneller Bienenhaltung für ein Beschäftigungsprojekt seines Landes vor Ort erkundet. Dabei waren auch mehrere Landtagsabgeordnete anwesend.

Einige Tausend Besucher sind zu den im Sommerhalbjahr stattfindenden Infonachmittagen gekommen. Honigschleudern, Kerzenziehen, der Blick ins Bienenvolk oder auf die insektenbesuchten Blüten der beiden Alvarium-Blühflächen stehen dann auf dem Programm, das die beteiligten Vereine abwechselnd gestalten. Die Koordination dafür liegt in den Händen von Wolfgang Groh, dem Alvarium-Beauftragten der Waiblinger Imker. Dem 76-Jährigen ist es auch zu verdanken, dass im Alvarium nicht nur das Hohelied auf die Honigbiene gesungen wird und Jungimkerschulungen stattfinden: „Wir haben auch Ideen, die sich gesellschaftlich entwickelt haben, in unser Programm aufgenommen.“ Neben einem offen zugänglichen Bienenschaukasten, den Vereinsbienenvölkern und Infotafeln spiegelt sich am Alvarium zugleich der Naturschutzgedanke wider. Erst kürzlich haben Wolfgang Groh und seine Helfer ein Sandarium, also eine Nistmöglichkeit für bodenbrütende Insekten, gebaut. Sie liegt direkt neben dem Insektenhotel für jene Kerbtiere, die oberirdische Behausungen bevorzugen.

Mehrfach wurde in das Holzhaus eingebrochen

Das besondere Augenmerk von Wolfgang Groh gilt den beiden Blühflächen, die beispielgebend vor und hinter dem Alvarium angelegt sind. „Eine mehrere Monate blühende Bepflanzung hilft nicht nur den Honigbienen, sondern auch anderen Insekten, wenn sie richtig angelegt ist“, sagt der Imker und Hobbygärtner. Bei allen positiven Aspekten des Alvariums dürfen auch negative Folgen für dessen Betreuer nicht unerwähnt bleiben. Dass in dem Holzhaus schon mehrfach eingebrochen wurde, hat den ehrenamtlich aktiven Betreuern nicht nur hohe Reparaturkosten beschert, sondern auch Unverständnis ausgelöst. Gleiches gilt für die Anschläge auf Informationstafeln und den Bienenschaukasten. Erst kürzlich musste Wolfgang Groh ein neues Schloss an der Eingangspforte einbauen.

Wolfgang Schultz wäre mit der Entwicklung des von ihm vorangetriebenen Alvariums dennoch sicherlich zufrieden, lange begleiten konnte er sie jedoch nicht. Bereits gut zwei Jahre nach der Eröffnung verunglückte er bei einem Sturz von seinem Kirschbaum tödlich. Eher versteckt erinnert eine Bank hinter dem Alvarium an seine Verdienste.