G20-Gipfel und die Folgen Linksextremismus wird zum Wahlkampfthema

Union und FDP wollen Kapital schlagen aus dem Gipfeldesaster. Der Talk bei Anne Will zeigt allerdings, dass das nicht so ohne Weiteres gehen wird, kommentiert Politikredakteur Willi Reiners.
Stuttgart - Der G-20-Gipfel von Hamburg ist Geschichte, die Hansestadt wird aufgeräumt. Doch die Chaostage an der Alster werden nachhallen. Auch deshalb, weil Wahlkampf ist in Deutschland. Die schwer erträglichen Bilder von marodierenden Horden, die das Schanzenviertel verwüsten, haben ein neues, vielversprechendes Wahlkampfthema aufgerufen – die Bekämpfung des Linksextremismus.
Union und FDP versuchen bereits, aus Hamburg Kapital zu schlagen. Der Tenor: Weil linke Parteien wie SPD, Grüne und Linkspartei auf dem linken Auge tendenziell blind seien und folglich dazu neigten, linksextremistische Gewalt zu verharmlosen, hätten die Chaoten leichtes Spiel. Da passt Hamburg natürlich wunderbar ins Bild, wird die Hansestadt doch von SPD und Grünen regiert.
Am Sonntagabend in der Talkshow bei Anne Will ging es um die Frage „G-20 Bilanz – War es das wert?“ Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) gab den Ratlosen und erklärte, es habe seitens der Einsatzkräfte weder an Kapazitäten noch an Fähigkeiten gefehlt, hatte damit aber leichtes Spiel. Sein Gegenüber war nämlich Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU), der gemeinsam mit Scholz den Gipfel verabredet und vorbereitet hatte – auf Geheiß seiner Chefin. Es war ja Angela Merkel persönlich gewesen, die Hamburg als Gipfelort auserkoren hatte, ihre weltoffene Geburtsstadt.
Szenen der Zerstörung aus Hamburg während des G20-Gipfels am Wochenende sehen Sie im Video:
Der Erkenntnisgewinn geht gegen Null
Altmaier konnte Scholz bei Anne Will folglich nicht auf offener Bühne attackieren, weil er mitverantwortlich ist für das Desaster. Hinter den Kulissen indes wird er in den kommenden Tagen wohl auch gemeinsam mit seiner Chefin darüber nachdenken, wie das Thema Linksextremismus im Wahlkampf gewinnbringend gegen den politischen Gegner zu wenden ist. Die Richtung hat Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) mit markigen Sprüchen bereits vorgegeben am Wochenende.
In Sachen Ursachenforschung brachte die Sendung keine neuen Erkenntnisse. In einem demokratischen Rechtsstaat, der die Versammlungsfreiheit garantieren muss, ist eine Millionenstadt wie Hamburg nicht zu verteidigen gegen Hunderte von Chaoten, die ihre Gewaltfantasien in Kleingruppen ausleben. Nur in einem Polizeistaat wäre das möglich.
Der Erkenntnisgewinn des Talks ging entsprechend gegen null. Wie passend, dass es gleich zu Beginn einen Blackout gab – zehn Minuten blieben die Bildschirme schwarz.
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