Der September ist bald vorbei, der offizielle Ausbildungsstart war zu Beginn des Monats. Doch noch gibt es Hoffnung für all jene, die eine Stelle oder einen Azubi suchen. Wie finden Firmen und Bewerber zueinander?

Volontäre: Luisa Rombach (lur)

Es herrscht reger Betrieb im Berufsinfozentrum in Waiblingen. Die Eingangshalle ist voller junger Menschen, die von einem Punkt zum nächsten laufen, manche zielstrebig, andere eher zaghaft. Manchmal ist auch ein Elternteil dabei, als Motivator oder Berater. Wobei es an Letzteren in der Agentur für Arbeit an diesem Tag wirklich nicht mangelt. An vier Stationen bekommen Interessenten für einen Ausbildungsplatz Informationen aus erster Hand, sie können mit Ausbildern sprechen, ihre Bewerbungsunterlagen durchsehen lassen – alles, damit sie im Idealfall noch in diesem Jahr eine Ausbildung starten können.

 

Gute Voraussetzungen für Ausbildungswillige

Die Voraussetzungen auf dem Arbeitsmarkt sind eigentlich gut für junge Menschen, viele Ausbildungsstellen sind noch immer unbesetzt – auch im Rems-Murr-Kreis. Trotzdem erwartet die örtliche Arbeitsagentur an diesem Tag etwa 100 bis 150 junge Menschen, die noch gar nicht wissen, wie ihr nächster Karriereschritt konkret aussehen soll. Laut Torsten Tatzel von der Agentur für Arbeit liegt das aber nicht an einer mangelnden Ausbildungsbereitschaft der Jugendlichen: „Die Erwartungshaltungen beider Seiten müssen zusammenpassen, damit es klappt.“ Außerdem komme es darauf an, in welchen Branchen die freien Plätze verfügbar seien. Jemand, der sich für Maschinenbau interessiere, könne mit einer Ausbildung in einer Metzgerei natürlich nur wenig anfangen.

Das Buhlen um die Bewerber

Aufgrund der demografischen Entwicklung und der schwierigeren Wirtschaftssituation geht die Angebot-Nachfrage-Rechnung momentan nicht auf, die Arbeitgeber müssen mehr um junge Menschen werben. Das war früher eher anders herum, berichtet Birol Gündogan von der Waiblinger Firma Jung Hebetechnik: „Wir merken, dass weniger Interesse besteht als früher. Das ist schwierig, denn fachliche Kenntnis können wir vermitteln, aber Interesse und Fleiß kann man niemandem beibringen.“

Dass bei den Besuchern Interesse besteht, belegt die Erfolgsquote der Firma Almet aus Remshalden-Hebsack. Deren Vertreterin Nadine Kohls hat nach wenigen Minuten schon zwei aussichtsreiche Kandidaten für Ausbildungsplätze zu verzeichnen. Nun würden eine Durchsicht der Bewerbungsunterlagen und Gespräche folgen, der erste Eindruck sei sehr gut. Die Chancen stehen also nicht schlecht, dass das Unternehmen, das auf Aluminiumprodukte spezialisiert ist, seine offenen Ausbildungsstellen doch noch dieses Jahr besetzen kann.

Ausbildungsstart ist noch bis Ende des Jahres möglich

Anders als viele denken, ist ein Ausbildungsstart nämlich nicht nur im September möglich. Theoretisch geht das bis Dezember, wobei der verpasste Schulstoff aber eigenständig nachgeholt werden muss. Auch Torsten Tatzel sagt, dass noch Zeit für einen Start in diesem Jahr sei: „Die jungen Leute sollen bitte nicht aufgeben, nur weil jetzt schon September ist.“

Auch für alle, die zunächst noch mehr Orientierung brauchen, hat die Agentur für Arbeit eine Reihe von Angeboten. Diese sollen die Entscheidung erleichtern und vermeiden, dass eine Lücke im Lebenslauf entsteht, die sich auf unbestimmte Zeit erstreckt. Eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme der Agentur für Arbeit etwa bietet die Möglichkeit, zehn Monate effektiv zu überbrücken. In dieser Zeit erhalten die Teilnehmer Unterricht in Grundfächern wie Mathe und Deutsch. Und sie haben außerdem die Möglichkeit, sich in verschiedenen Arbeitswerkstätten auszuprobieren.

Eine weitere Möglichkeit ist eine Praktikumswoche, bei der Interessenten fünf Tage lang in fünf unterschiedlichen Betrieben schnuppern können. So sollen die Jugendlichen Einblicke in Berufe und ein besseres Gefühl für eigene Vorstellungen und Wünsche bekommen. Die Praktikumswoche im Rems-Murr-Kreis findet vom 16. Oktober bis 3. November statt. Die fünf Tage können innerhalb dieses Zeitraums in Absprache mit der Schule flexibel genutzt werden. Das gilt auch für Zeiten außerhalb der Ferien.

Auszubildende sind inzwischen älter und gefragter

Ausbildungsbeginn
 Junge Menschen starten heutzutage in der Regel später in eine Ausbildung. Im Schnitt sind sie 20 Jahre alt, während früher ein Beginn einer Lehre nach Abschluss der mittleren Reife mit etwa 16 Jahren Standard war. Im aktuellen Trend machen sich vor allem die drei Jahre Coronapandemie bemerkbar. Sie haben eine Verzögerung im Lebenslauf vieler Jugendlicher zur Folge.

Plätze
 Zurzeit gibt es im Rems-Murr-Kreis etwa 800 unbesetzte Ausbildungsstellen. Die Branchen sind vielfältig, über Industrie bis Großhandel ist alles vertreten. Die Zahl der suchenden Jugendlichen ist schwer zu beziffern. Mitte August lag sie bei 590. Unklar ist, wie viele von ihnen inzwischen einen Ausbildungsvertrag haben, ohne sich bei der Agentur für Arbeit gemeldet zu haben. Deshalb ist die Zahl jetzt wahrscheinlich geringer. Die Berufsberatung hat in diesem Jahr etwa 6000 Jugendlichen bei ihrer Orientierung geholfen.

Kontakt
Wer sich für einen Ausbildungsplatz interessiert, kann sich an diese E-Mail-Adresse wenden: Waiblingen.Berufsberatung@arbeitsagentur.de.

Informationen online:
www.arbeitsagentur.de