Im Bund kracht es mächtig zwischen den schwarzen Schwesterparteien CDU und CSU. Grund ist die Asylpolitik. Ministerpräsident Kretschmann gibt eine deutliche Antwort, wo er in der Auseinandersetzung steht.

Stuttgart - Im Asylstreit stellt sich Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) auf die Seite von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und damit gegen die CSU. Kretschmann sagte am Dienstag in Stuttgart, die Kanzlerin habe seine volle Unterstützung bei ihrem Kurs, das Thema auf europäischer Ebene zu lösen. Die Alternative zu einem europäischen Einigungsprozess sei höchst unattraktiv. Die großen Fragen wie Klimawandel, Migration, Terrorismus und Freihandel könnten nur gemeinsam angegangen werden - Nationalstaaten könnten heute alleine kaum noch etwas ausrichten.

 

Seit Tagen streiten sich CSU und CDU über die künftige Asylpolitik. Am Montag hatte die CSU der CDU-Chefin Merkel eine Frist für eine europäische Lösung im Asylstreit bis nach dem EU-Gipfel Ende Juni gegeben. Kommen bis dahin, auch auf dem EU-Gipfel, keine Vereinbarungen mit EU-Partnern zustande, soll mit umfassenden Zurückweisungen von Migranten an den Grenzen begonnen werden. Dabei geht es aus CSU-Sicht insbesondere um Asylbewerber, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Merkel lehnt grundsätzlich einen nationalen Alleingang in der Flüchtlingspolitik ab. Sie setzt auf eine Lösung unter dem Dach der Europäischen Union.

Kretschmann kritisierte, nach den innenpolitischen Vorgängen sei Merkel in Europa nicht besonders verhandlungsstark. Das sei „verantwortungslos“. Wenn man schon so eine Asyldebatte vom Zaun breche, dann hätte man damit bis zur Zeit nach dem EU-Gipfel warten können, sagte der grüne Regierungschef mit Blick auf die CSU.

„Angst ist ein schlechter Ratgeber“

Vermutlich handele die CSU so aus Angst vor der Alternative für Deutschland (AfD) bei der bayerischen Landtagswahl im Herbst. „Angst ist aber ein schlechter Ratgeber.“ Es bestehe die Gefahr, dass man mit so einem Kurs die AfD eher befördere als sie zu drücken. Kretschmann warf der CSU vor, die Dinge zu kurzfristig zu betrachten. „Es geht um sehr viel - um mehr als die bayerische Landtagswahl.“

Dem realpolitisch ausgerichteten Ministerpräsidenten wird seit langem eine besondere Nähe zu Kanzlerin Merkel nachgesagt. Im Januar 2016 hatte er in einem Interview erklärt, dass er jeden Tag dafür bete, dass Merkel gesund bleibe, weil sie Europa zusammenhalte. Am Montag hatte sich auch Vizeregierungschef Thomas Strobl, der CDU-Bundesvize ist, im Asylstreit öffentlich auf die Seite der Kanzlerin gestellt. Dabei haben das bis 2011 von der CDU regierte Baden-Württemberg und das von der CSU dominierte Bayern eigentlich in der Vergangenheit eine enge politische Zusammenarbeit auf der „Südschiene“ gepflegt.

Hingegen sympathisiert die oppositionelle FDP mit der Haltung der CSU. Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke teilte mit, angesichts der nicht erkennbaren Lösung der Migrationsfrage auf europäischer Ebene müsse man auf der nationalen Ebene Handlungsfähigkeit beweisen - und zwar auch mit Zurückweisungen von Asylbewerbern an der Grenze.