Ein Betrüger hat es auf den Goldbesitz einer älteren Stuttgarterin abgesehen. Um in die Wohnung zu kommen, hat er sich als vermeintlicher Teppichreiniger gründlich vorbereitet.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Die Betrugsmasche ist von der Polizei schnell zusammengefasst: Ein Trickbetrüger sucht am Montag gegen 14.30 Uhr eine 84-jährige Frau im Plieninger Stadtteil Chausseefeld auf. Gibt sich als Mitarbeiter eines nicht mehr existierenden Teppichgeschäfts im Ort aus und erklärt, ihre Teppiche reinigen zu wollen. Am Ende verschwindet er mit einer Goldmünze im Wert von gut 2000 Euro. Der Mann soll 35 bis 45 Jahre alt, etwa 1,90 Meter groß sein, dunkle, lockige Haare haben und gepflegt ausschauen. Die Kripo bittet um Hinweise an 07 11 / 89 90 - 57 78.

 

Doch wie kann so was überhaupt funktionieren? Hat der Täter seine Masche speziell auf die Seniorin in Plieningen zugeschnitten – oder ist er damit auch in anderen Bereichen unterwegs? Eigentlich ist für einen Täter die Erfolgsaussicht, auf gut Glück an einer Tür zu klingeln, eine Teppichreinigung anzubieten und dann eingelassen zu werden, nicht groß. „Der Mann hat sich aber telefonisch angemeldet“, sagt Polizeisprecherin Kara Starke, „und er hat sich auf ein Geschäft bezogen, bei dem die Betroffene vor über 20 Jahren einen Teppich gereinigt hatte.“

Und dann kommt er auf das Thema Gold zu sprechen

Sind hier also alte Kundendaten im Umlauf – oder hat das alles zufällig gepasst? Für die 84-Jährige ist das alles glaubhaft gewesen, als es etwa eine Stunde später, wie angekündigt, an der Wohnungstür klingelt. „Er hat sich als Sohn des damaligen Besitzers vorgestellt und gefragt, ob ich mich an ihn erinnere.“ Erinnern kann sie sich wohl. Nämlich dass sie sich damals über eine enorm teure Rechnung geärgert hatte. Der Mann, groß und sehr korpulent, lächelt das mit strahlend weißen Zähnen weg, wie sie sagt. Ja, so sei er halt gewesen, sein Vater. Das Geschäft sei in die Region verlegt worden.

Ein Angebot für die Reinigung macht der Teppichvertreter dann allerdings überhaupt nicht. Vielmehr lenkt er das Thema auf die Zahlweise hin, da bevorzuge er Gold als Währung. Er suche Gold, das er dann einschmelzen und verkaufen könne. Was wohl nicht einmal gelogen war. Redegewandt schafft er es, die Frau nach Wertsachen aus Gold suchen zu lassen – und verfolgt die Frau auf Schritt und Tritt. „Brillanten wollte er nicht“, sagt die 84-Jährige. Er lässt sich Zahngold aus einer Dose bringen, leert diese aus und zahlt dafür 50 Euro.

Gibt es Parallelen zu ähnlichen Fällen?

Mutmaßlich dient dies nur der Ablenkung. Denn unbemerkt lässt der Täter eine Goldmünze für 2000 Euro verschwinden. Die Betroffene bemerkt dies erst später und verständigt die Polizei. Der Täter ist da schon über alle Berge. Und nun wird vor möglichen weiteren Taten dieser Art gewarnt. Dass sich Trickdiebe als Handwerker, Wasserinstallateure oder Telekommitarbeiter ausgeben, um in die Wohnung zu kommen, ist für die Polizei eine bekannte Vorgehensweise. Dabei suchen die Täter allerdings eher heimlich nach den Wertsachen ihrer betagten Opfer.

Der Auftritt als Goldankäufer ist dagegen eine eher spezielle Masche. Zuletzt hatte die Polizei im August 2019 einen einschlägig bekannten 36-Jährigen mit seiner Familie in einem Hotelzimmer in der Stuttgarter Innenstadt ermitteln können. Vor einem Jahr hatte sich in Bietigheim-Bissingen ein vermeintlicher Interessent einer Haushaltsauflösung Zutritt in die Wohnung eines älteren Ehepaars verschafft – und Goldschmuck für einen dreistelligen Betrag gekauft. Den wirklich wertvollen für Tausende Euro hatte er heimlich eingesteckt und mitgehen lassen. Die Täterbeschreibung klingt ähnlich wie die in Plieningen – ein großer, dicker Mann, mit schwarzen Haaren.