Immer wieder Regen, dann plötzlich brütende Hitze. War der Sommer 2023 in Stuttgart nun zu warm oder zu kalt? Daten unserer Klimazentrale geben Antworten.

Mit dem kalendarischen Herbstanfang geht in Stuttgart ein Sommer zu Ende, der von großen Wetterschwankungen geprägt war – brütende Hitze und kühles Regenwetter folgten teils kurz hintereinander. Doch trotz aller Wetterschwankungen waren auch in diesem Sommer sechs von zehn Tage in der Landeshauptstadt außergewöhnlich warm. Das zeigen die Daten der Klimazentrale Stuttgart, mit denen wir Wetter und Klima in und um Stuttgart auswerten.Demnach war es an rund 61 Prozent der Tage zwischen Anfang Juni und Mitte September heißer als im Normalbereich der Jahre 1961 bis 1990. Normalbereich bedeutet, dass die meisten Messungen in den Vergleichsjahren in diesem Bereich lagen – er stellt in etwa das dar, was die heutige Großelterngeneration in ihrer Jugend normalerweise erlebt hat, besonders extreme Wetterschwankungen ausgenommen. Im Vergleich dazu war es in diesem Sommer also außergewöhnlich oft heiß. Doch auch im Vergleich mit der jüngeren, vom Klimawandel stärker beeinflussten Vergangenheit, den Jahren 1991 bis 2020, war jeder vierte Tag ungewöhnlich heiß.

 

Die Werte beziehen sich dabei auf Messungen in der Innenstadt. Am Rand des Kessels auf dem Schnarrenberg, wo der Deutsche Wetterdienst eine Station betreibt, zeigen die Tageshöchsttemperaturen ein ähnliches Muster: Hier war im Vergleich zu 1961 bis 1990 etwa die Hälfte der Tage ungewöhnlich heiß, im Vergleich zu 1991 bis 2020 ebenfalls rund 40 Prozent.

Sind solche Sommer normal?

In der Innenstadt lagen die Temperaturen an 68 von 111 Tagen zwischen Juni und Mitte September über dem historischen Normalbereich der Jahre 1961 bis 1990 – also dem, was damals in den meisten Jahren gemessen wurde. Auch im Vergleich zur jüngeren Vergangenheit zwischen 1991 und 2020 waren 47 von 111 Tagen zu warm. Kälter als im historischen Normalbereich war es insgesamt nur an drei (1961 bis 1990) beziehungsweise 13 (1991 bis 2020) Tagen. Solche Befunde unterstreichen, dass sich der Klimawandel inzwischen auch in einem vermeintlich durchwachsenen Sommer im Wetter vor der eigenen Haustür bemerkbar macht.

Die Anzahl der Tage, an denen die Temperaturen auf 30 Grad oder höher gestiegen sind, hat sowohl in der Innenstadt als auch am Schnarrenberg im Vergleich zum Vorjahr abgenommen – auch wenn die Zahl in den letzten Jahrzehnten insgesamt deutlich zugenommen hat. In der Stuttgarter Innenstadt stieg die Temperatur seit März an 33 Tagen auf 30 Grad oder mehr (2022: 36). Am Schnarrenberg waren es hingegen nur 20 Tage, an denen solche Hitzetage aufgetreten sind, 2022 waren es noch 30. Der Unterschied weist auf den Hitzeinseleffekt in der Innenstadt hin, wo sich die Luft zwischen den Gebäude im Kessel stärker aufheizt als im Umland. Das treibt die Temperaturen öfter über die 30-Grad-Marke und verstärkt den klimawandelbedingten Trend zu immer mehr heißen Tagen.

Dass es außerhalb des Kessels kühler ist als in der Innenstadt, zeigt ein Vergleich der durchschnittlichen Höchsttemperaturen: In der Innenstadt betrug sie zwischen Juni und Mitte September 27,8 Grad, am Schnarrenberg nur 26,3 Grad.

Der Sommer 2023 war auch in Hinblick auf starke Temperaturschwankungen ungewöhnlich. Das folgende Schaubild zeigt deutlich, wie stark die Höchsttemperaturen innerhalb weniger Tage schwankten. Zwischen Ende Juli und Anfang August gab es einen besonders starken Temperatureinbruch – zu der Zeit, die in der historischen Betrachtung normalerweise am wärmsten ist. Doch auch extrem hohe Temperaturen sind zeitweise immer wieder aufgetreten.

Wann war es am wärmsten?

Die höchste Temperatur wurde in der Stuttgarter Innenstadt am 11. Juli gemessen: an diesem Tag stieg das Thermometer hier auf 37,7 Grad. Die Wetterstation Schnarrenberg außerhalb des Kessels maß ebenfalls an diesem Tag die höchste Temperatur: 36,1 Grad wurden dort am 11. und am 9. Juli erreicht.

Unter dem Strich wird deutlich, dass der Sommer 2023 sehr heiß war. Die Auswirkungen des Klimawandels sind sowohl im Kessel als auch außerhalb davon deutlich spürbar – kein Wunder, dass die Stadt Stuttgart nun bereits im zweiten Jahr regelmäßig einen Hitzebus auf die Straße schickt, der Bedürftige mit Wasser, Mützen und Sonnencreme versorgt, und dass man in der Verwaltung an einem Hitzeaktionsplan arbeitet.

Durch die immer wieder auch kühleren Tage machte sich dennoch meist kein Gefühl eines extremen Hitzesommers breit. Die Daten zeigen also auch, wie sehr die Hitzesommer vergangener Jahre inzwischen verändern, was als „heißer Sommer“ gilt. In seiner Sommerbilanz wies der Sprecher des Deutschen Wetterdienstes, Uwe Kirsche, darauf hin, dass man inzwischen seit 27 Jahren in Folge zu warme Sommer in Deutschland messe: „Wieder können wir den Klimawandel live erleben.“

Klimazentrale Stuttgart

Dieser Artikel ist Teil des Wetter- und Klimamonitors von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten. Wir stellen für alle Orte in der Metropolregion Stuttgart Daten von amtlichen Wetterstationen zur Verfügung und vergleichen sie automatisiert mit Langzeitmessreihen: Ist das Wetter heute ungewöhnlich oder nicht?

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