Die 2000-Einwohner-Gemeinde auf der Alb beginnt Verhandlungen mit dem Daimler-Konzern. Sulz am Neckar bemüht sich ebenfalls.  

Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Nellingen - Spät war die Sitzung des Nellinger Gemeinderats am Montagabend geworden, doch das Ergebnis war umso eindeutiger. Mit acht gegen drei Stimmen beschloss das Gremium, Verhandlungen mit dem Daimler-Konzern zum Bau einer neuen Teststrecke an der Autobahn 8 zu beginnen. Der Ausgang der Grundsatzentscheidung war mit Spannung erwartet worden. "Ich bin hochzufrieden", kommentierte am Montag der Nellinger Bürgermeister Franko Kopp. Die Abstimmung der Räte in der voll besetzten Festhalle war geheim, per Stimmzettel, vorgenommen worden. "Ich wollte nicht, dass jemand nachher Spießrutenlaufen muss", so Kopp. Die Bürgerinitiative Pro Albhochfläche versucht, das Großprojekt zu verhindern.

 

Demnächst will der Bürgermeister nun mit Managern des Stuttgarter Autobauers über das weitere Vorgehen sprechen. Zum Beschluss gehört, dass gemeinsam mit der Gemeinde Merklingen ein interkommunales Gewerbegebiet mit einer Fläche von 35 Hektar ausgewiesen wird. Es soll laut Kopp ein "Anhängsel" der Teststrecke werden und den beiden Gemeinden über die erwarteten 300 Daimler-Arbeitsplätze hinaus bis zu 1000 weitere Beschäftigungsverhältnisse bringen.

35 Forderungen an Daimler

Gemäß dem Beschluss muss Daimler insgesamt 224 Hektar Grund am Rand der Autobahn 8 kaufen. Bebauen darf das Unternehmen selber dann nur 189 Hektar, die restlichen 35 Hektar müssen kostenneutral und "sukzessive" an die Gemeinden weitergereicht werden. Nur auf diese Weise sei es für die Gemeinden möglich, sagt Kopp, den finanziellen Kraftakt des Grunderwerbs für das interkommunale Gewerbegebiet zu stemmen.

Nach der Grundsatzentscheidung kann Daimler nun beginnen, mit rund 140 Nellinger Bodenbesitzern, darunter vielen Landwirten, zu verhandeln. Zugleich wird dem Konzern ein 35-Punkte-Forderungskatalog zugeschickt, der ebenfalls Teil des Beschlusses ist. In diesem werden weitere Bedingungen gestellt. So müsste Daimler, falls die Standortentscheidung für das Dorf an der A8 fällt, sämtliche Kosten für ein Raumordnungsverfahren tragen, ebenso für eine Konzeption für die Wasserversorgung, außerdem für den Bau von Anbindungsstraßen an das überörtliche Verkehrsnetz. Daimler müsse die neue Teststrecke außerdem "Daimler Technologie- & Prüfzentrum Nellingen/Merklingen" nennen, so der Gemeinderatsbeschluss.

Lärmschutzkonzeption für nahe Wohngebiete

Daimler soll außerdem vor Baubeginn eine Lärmschutzkonzeption für nahe Wohngebiete erstellen. Später müssten laufende Messungen durchgeführt werden, um die Einhaltung von Grenzwerten überprüfen zu können. Nicht zuletzt verlangt die Gemeinde ein agrarstrukturelles Gutachten. Damit für Eigentümer und Pächter Ersatzflächen angeboten werden können, soll der Autobauer einen "Grundstückspool" außerhalb des Plangebietes bilden.

Vor der Abstimmung des Gemeinderats waren zwei Mitglieder wegen verwandtschaftlicher Beziehungen zu betroffenen Grundstücksbesitzern für befangen erklärt worden. Neben Nellingen bemüht sich auch Sulz am Neckar um die Teststrecke.