Der April geizt in Stuttgart nicht mit den nötigen Niederschlägen – dafür allerdings mit Wärme und Sonne. Die Natur freut sich dennoch.

Alles so schön grün hier! Keine Frage, nachdem wir in jüngster Vergangenheit oft schon im Frühjahr und spätestens im Sommer wegen der Trockenheit in herbstliche Depression zu fallen drohten, sieht es jetzt doch deutlich besser aus. Das Gras wächst schnell und saftig grün, keine rissigen, knochentrockene Böden und staubige Felder. Nichts von alledem, in Stuttgart können die Menschen derzeit ein fröhliches Frühlingsliedchen pfeifend durch die erwachende Natur flanieren.

 

180 Prozent des durchschnittlichen Mittels

Nachdem die Böden in der Stadt und der Region schon im März überdurchschnittlich viel Regen abgekriegt haben, füllte auch der April die Messgläser. „Mit 64,6 Litern Regen pro Quadratmeter lagen wir im April an der Messstation Schnarrenberg deutlich über dem langjährigen Mittel von 35,8 Litern“, sagt Andreas Pfaffenzeller. Der Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes (DWD) verortete den April 2023 bei 180,4 Prozent Regenmenge und insgesamt auf Platz zwölf in puncto Regen im April seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1951.

Wir haben jetzt also zwei Frühjahrsmonate nacheinander erlebt, die in der Sprache der Meteorologen als „viel zu nass“ in die Statistik eingehen werden. Wobei sich das „viel zu“ eigentlich nur auf die Zahlen beziehen kann. Nachdem die meisten Jahre der jüngeren Vergangenheit deutlich zu trocken waren und 2023 zunächst mit zwei wasserarmen Wintermonaten startete, kann es ein „viel zu“ gar nicht geben. Die Böden sind zwar aktuell gut durchfeuchtet, das Grundwasser-Defizit ist aber weiterhin noch präsent. Und es wäre auch zu früh, nach zwei nassen Monaten das Thema Trockenheit für 2023 ad acta zu legen. Es sieht im Moment zwar wirklich nicht so aus, zumal die unbeständige und immer wieder nasse Witterung auch im Mai zunächst weitergehen soll – aber man muss nur ein Jahr zurückgehen um zu ermessen, was noch so alles passieren kann. 2022 fielen im April sogar 100 Liter Regen, danach folgten aber vier nahezu niederschlagsfreie Monate, sodass der Sommer 2022 als der zweittrockenste seit 1951 in die Statistik einging. Vor einem Jahr lief im Sommer auf den Feldern ohne Bewässerung nichts, Bäche und Brunnen versiegten und vor allem der Wald litt.

Der Mai ist gekommen, das Heizöl geht aus

Wie gesagt, danach sieht es gerade nicht aus, aber man darf sich im Sinne der Natur schon noch weiterhin über Regen freuen. Wer etwas zum Bruddeln sucht, dem sei die Temperatur empfohlen. „Der Mai ist gekommen, mein Heizöl geht aus“, soll gerade immer wieder in der Stadt zu hören sein. Schon wahr, wer es im April zu Hause ein wenig gemütlich haben wollte, kam um Heizen nicht herum. „Die Durchschnittstemperatur im April betrug exakt neun Grad“, erklärt DWD-Meteorologe Pfaffenzeller. Im Vergleich zum Mittelwert von 1991 bis 2020 sind das 1,7 Grad weniger. Wobei – in den 30 Jahren zuvor (1961 bis 1990) war so ein April völlig normal, die Mitteltemperatur mit 8,9 Grad sogar noch eine Spur kühler.

Im vergangenen Jahr folgte ein heißer Sommer

Der Klimawandel ist freilich immer noch präsent, das Szenario jetzt nennt man schlicht Wetter. Und das kann sich ändern. Noch einmal ein Blick ins vergangene Jahr. Da war der April ganz ähnlich kühl wie jetzt (9,2 Grad), danach folgte aber der zweitwärmste Sommer seit Aufzeichnungsbeginn 1951. Der kühle April 2023 hatte dagegen sicher auch seine Freunde. Zum Beispiel bei den Stuttgarter Bäderbetrieben, die nicht dauernd erklären mussten, warum die Freibäder noch zu sind. Badewetter, mit sommerlichen Temperaturen, wie es zuletzt immer mal wieder im April gegeben hat, sieht wirklich anders aus. Und das soll auch bis auf ein paar Ausreißertage noch bis weit in den Mai hinein so bleiben.

Die Sonne zeigte sich im April mit der Temperatur solidarisch. Die knapp 140 Stunden Sonnenschein sind auch nur sparsame 76 Prozent des langjährigen Mittels. Einen makellosen Sonnentag für Lichtanbetende und Fotovoltaiker gab es nur am 5. April. Und auch hier ist eine längere wolkenlose Phase nicht in Sicht. Erfreuen wir uns also lieber am saftigen Grün, an einer gebremsten Hautalterung, dass der Rasenmäher gebraucht wird und dass es zumindest in der Region bereits offene Freibäder gibt, die auch ordentlich heizen.