In der Debatte über weitere Unterkünfte unterbreiten die Fraktionen eigene Vorschläge. In einem Festzelt auf dem Wasen könnten womöglich Container aufgebaut werden.

Das Linksbündnis im Stuttgarter Gemeinderat hat auf die Ankündigung der Stadtverwaltung reagiert, in Ermangelung von Unterkünften nun auch zum Leidwesen von Schülern und Sportlern einige Turn- und Versammlungshallen für Flüchtlinge zu nutzen. Die Fraktionsgemeinschaft beantragt laut Stadtrat Luigi Pantisano stattdessen, leere Bürogebäude anzumieten und in Unterkünfte zu verwandeln. Die Verwaltungsspitze soll sich laut Antrag umgehend mit dem Energiekonzern EnBW wegen des Areals am Stöckach und den Eigentümern der leer stehenden Bürogebäude im Stuttgarter Westen (ehemalige Württembergische Versicherungen) in Verbindung setzen und sich für eine temporäre Unterbringung stark machen.

 

Voraussetzungen für Beschlagnahme erfüllt?

Im Antrag heißt es auch, dass die Verwaltungsspitze die Bürogebäude beschlagnahmen solle, sollten sich die Unternehmen dieser Nutzung verweigern. Dies sei zwar nur dann möglich, wenn alle anderen zumutbaren Möglichkeiten, wie etwa die Unterbringung in einer Notunterkunft oder in Hotels, ausgeschöpft seien. Für Stuttgart sieht das Linksbündnis diese Voraussetzungen aber grundsätzlich erfüllt.

Die Landeshauptstadt will baldmöglichst in sechs Sport- und Versammlungshallen Flüchtlinge unterbringen. Bereits in den kommenden Wochen könnten die Hallen geschlossen werden, um sie technisch und durch den Einbau von Abteilen für die Belegung vorzubereiten. Von der Entscheidung seien „circa 15 Schulen direkt beziehungsweise mit infrage kommender Ausweichsportstätte betroffen“, ließ die Verwaltung am Freitag auf Anfrage wissen. Die Schulleitungen seien am frühen Donnerstagnachmittag informiert worden. Die Hallen stehen in Hedelfingen und Obertürkheim, im Osten, in Birkach, Sillenbuch und Weilimdorf.

CDU setzt auf Freiwilligkeit

Die CDU äußerte zwar auch Zweifel daran, dass bereits alle Alternativen umfassend geprüft worden seien, setzt aber auf Freiwilligkeit. Eine Beschlagnahme hält der Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz für unrealistisch, solange die Stadt noch eigene freie Kapazitäten habe. Tatsächlich muss laut einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Lüneburg „die unmittelbare Gefahr bestehen, dass die Flüchtlinge andernfalls obdachlos werden“.

Ferner dürfen keine anderweitigen Möglichkeiten zur Unterbringung zur Verfügung stehen. Im konkreten Fall sprach auch der Umstand gegen eine Beschlagnahme, dass die Stadt Lüneburg das vollständig entkernte Fabrikgebäude zunächst noch hätte aufwendig herrichten müssen, sodass eine kurzfristige Nutzung nicht möglich gewesen wäre.

Paketpostamt sollte 1000 Flüchtlinge aufnehmen

Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz findet es gut, dass die Stadt gerade die Möglichkeit prüft, in einem Festzelt auf dem Cannstatter Wasen Container aufzustellen. Und er hält es für möglich, mit den verkaufswilligen Eigentümern auf dem Eiermann-Areal in Vaihingen einen Handel zu machen. Er denkt an das Paketpostamt beim Rosensteinpark, in dem Ende 2014 eine Landeserstaufnahmestelle für 1000 Personen angedacht war, erneut an die Belegung einer Messehalle, und auch an das EnBW-Areal im Osten.

Bei der Unterbringung von Flüchtlingen habe OB Frank Nopper (CDU) das geräumte 4,25 Hektar große Areal an der Hackstraße seit Monaten offenbar nicht in Betracht gezogen, heißt es in der Antragsbegründung des Linksbündnisses. Dies hätte er aber zwingend machen müssen, „denn es kann nicht sein, dass sich die Verwaltungsspitze mit diesem skandalösen Leerstand abfindet“.

Sußmann fordert Entlastung

Die Unterbringung geflüchteter Menschen sei eine Daueraufgabe“, hieße es doch im Sachstandsbericht zur Task Force Flüchtlingsunterbringung. „Wenn der Oberbürgermeister jetzt so tut, als ob nur noch die Belegung von Sport- und Versammlungshallen für die Unterbringung von Geflüchteten übrig bleibt, dann ist es geradezu obszön, einen Leerstand in zentraler Lage in der Stadt nicht zu nutzen“, erklärt Hannes Rockenbauch, der Fraktionschef des Linksbündnisses.

Sozialbürgermeisterin Alexandra Sußmann (Grüne) appelliert derweil an Bund und Land, den Kommunen zur Seite zu stehen und für Entlastung zu sorgen. „Wir werden andernfalls einer verantwortungsvollen und sozial verträglichen Unterbringung nicht mehr gerecht und können keine weiteren Aufnahmen verantworten“, so die Bürgermeisterin.