Mit der Kanzlerkandidatur von Martin Schulz könnte nach der diesjährigen Bundestagswahl ein Politikwechsel bevorstehen. Die Linke sieht darin auch Chancen für sich selbst.

Stuttgart - Die Landtagswahl in Baden-Württemberg liegt knapp ein Jahr zurück und schon steht für Bernd Riexinger der nächste Wahlkampf an. Ende Januar wurde der Parteivorsitzende der Linken beim Landesparteitag neben der Tübingerin Heike Hänsel zum Spitzenkandidaten gewählt. Obgleich seine Partei bei der Landtagswahl mit einem Ergebnis von 2,9 Prozent eine Niederlage wegstecken musste, gibt er sich bei einer Pressekonferenz am Freitag optimistisch: „Nach einer Landtagswahl hat man natürlich ein Tief. Ehrlich gesagt bin ich aber voll motiviert.“

 

Zurückzuführen ist das sicherlich nicht nur auf den großen Neumitgliederzulauf, sondern auch auf die Aussicht eines möglichen Politikwechsels. Auch wenn die Linke in den vergangenen drei Wochen unter dem „Schulz-Effekt“ gelitten hat: Angst hat man hier nicht. „Wenn die SPD stärker wird, bedeutet das nicht, dass die Linke schwächer wird,“ sagt der 61-Jährige. Im Gegenteil: Wenn durch die SPD die Möglichkeit bestehe, Merkel abzulösen, könnten dadurch Chancen für die Linke entstehen – auch wenn man in manchen Belangen um die gleichen Wähler kämpfe.

Mit Blick auf Schulz’ bisherige Äußerungen bemerkt Riexinger lediglich: „Jeder Kanzlerkandidat der SPD hat bislang das Thema soziale Gerechtigkeit besetzt, hinterher aber das Gegenteil getan.“ Die Linke, die sich selbst auf die Fahne schreibt, in Sachen sozialer Gerechtigkeit konsequent und glaubwürdig zu sein, sieht sich mit ihren klaren Vorstellungen daher als „Motor für einen Politikwechsel“.

Die Forderungen der Linken

Diese Vorstellungen umfassen ein Ende der prekären Arbeit, eine lebensstandardsichernde Rente sowie bezahlbares Wohnen durch eine klare Mietpreisbremse und einen Sozialwohnungsbau durch die öffentliche und genossenschaftliche Hand. Zudem fordert die Linke die Einführung einer Vermögenssteuer sowie eine Erhöhung der Erbschaftssteuer. „Wir stehen für einen grundlegenden Bruch der neoliberalen Politik der vergangenen 25 Jahre, die in der Gesellschaft sehr viele soziale Verwüstungen angerichtet hat“, fasst Riexinger zusammen.

Um das selbst gesetzte Ziel zu erreichen, im Bund zweistellig und im Land auf über fünf Prozent zu kommen, müsse man aber auch landespolitische Themen stärken. Die Landessprecherin der Linken, Heidi Scharf, sprach am Freitag in diesem Zusammenhang von einem gesetzlichen Rentensystem, in das alle einzahlen – auch Abgeordnete. Einen „Selbstbedienungsladen“, wie sie den umstrittenen Pensionsbeschluss nennt, lehne die Linke ab.

Sie forderte aber auch Gebührenfreiheit von Kita bis Universität für alle Kinder sowie eine Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsplätzen. „Wir verstehen uns als eine Partei, die die Interessen der Beschäftigten vertritt und ein klares Konzept hat: Höhere Löhne, sichere Arbeitsverhäktnisse und mehr Mitbestimmung“, kommentiert Riexinger. Man müsse sich im Wahlkampf nicht verstecken.

Riexinger freut sich auf Wahlkampf – auch wegen Leni Breymaier

Auf diesen, das gibt er kurz darauf selbst zu, freue er sich auch deshalb, weil die SPD mit Leni Breymaier eine alte Gewerkschaftskollegin von ihm ins Rennen schicke. Die, wie er mit einem Lachen kommentiert, als Gewerkschafterin weiter von der SPD als von der Linken entfernt gewesen sei.

Sollte es tatsächlich zu einer Diskussion über eine Koalition von SPD, Linke und Grünen kommen, möchte die Linke nicht von ihren bestehenden „roten Linien“ abweichen. Das heißt: Kein Sozialabbau, keine Privatisierung öffentlichen Eigtums, keine Tarifflucht und – was die Außenpolitik anbelangt – keine Kampfeinsätze der Bundeswehr im Ausland.

Nichtsdestotrotz sei es Ziel des bevorstehenden Wahlkampfes, nicht mit einer defensiven Abwehrhaltung, sondern mit einer offensiven Reformpolitik zu agieren. „Wir wollen nicht nur klarmachen, wogegen, sondern auch wofür wir sind“, sagt Riexinger.